Montag, 8. Dezember 2025

Die fragwürdige Entwicklung der Belletristik

Grüßt euch, liebe Leute. Ursprünglich sollte das hier eine (größtenteils) objektive Bewertung dieses Themas wider. Dann sind mir allerdings zwei Dinge aufgefallen. 
Zum einen ist das hier mein Blog, den sowieso keine Sau liest. Das bedeutet also, ich kann hier auch einfach meine subjektive Ansicht zum Besten geben. 
Zum anderen, selbst wenn das hier jemand liest, zeigt mir meine bisherige Erfahrung in dieser Thematik, dass die Zielgruppe dessen, was ich hier hinterfragen will, sehr eigen ist. Wird auch nur ansatzweise berechtigte Kritik geäußert, geht der wütende Mob direkt mit Fackeln, Mistgabeln und Worten wie "misogyn", "chauvinistisch" oder "rechtsradikal" auf denjenigen los, der diese Kritik äußert. Zumindest im Internet. Ob die betreffenden Personen dann auch den Mut hätten, das in der echten Welt zu tun, ist wie immer fragwürdig, aber ich schweife ab. Und das noch bevor der eigentliche Text beginnt. Ich bin offenbar mal wieder in Höchstform. 
Naja, genug davon, beschäftigen wir uns lieber mit: 
 
Der fragwürdigen Entwicklung der Belletristik... 
 
...und meiner ganz eigenen, subjektiven Meinung dazu. 
Zunächst einmal die Präambel: Ich lese gerne. Und viel. Zumindest seit drei oder vier Jahren wieder. Dazwischen gab's mal eine längere Durststrecke, zuerst verursachte durch den parallelen Mangel an Geld und den immer weiter voranschreitenden Abbau des Sortiments meiner lokalen Bücherei. Als das Geld dann mehr wurde, ging mir ziemlich zeitig der Platz für neue Bücher auf dem Dachboden meiner Eltern aus, den ich seinerzeit bewohnte. 
Als ich dann allerdings vor einigen Jahren dort ausgezogen bin, kam zusammen das ich schon länger mit der Ausbildung fertig war, was sich auf mein Einkommen ausgewirkt hat, und noch dazu plötzlich Platz für Bücherregale hatte. 
Ich lese tendenziell alles, was mir unter die Finger kommt. Wenn man mich irgendwo mit einem herumliegenden Buch alleine lässt, passiert es früher oder später, dass dieses Buch in meiner Hand landen wird. Von den großen Klassikern über Stephen King oder den Biographien von Menschen, die ich in irgendeiner Weise für interessant halte nehme ich gerne alles, was ich kriegen kann, Hauptsache es ist zumindest erträglich geschrieben und der Inhalt ist leidlich interessant. 
Im Klartext also: Ich bin eigentlich ziemlich schmerzfrei und habe auch kein großes Problem damit, zu lesen, was andere Leute als "Schund" bezeichnen würden. Oder zumindest hatte ich damit lange kein Problem. Aber damit greife ich dem Rest des Textes vorher, also beginnen wir lieber am Anfang.
 
Was genau ist Belletristik?
 
Wenden wir uns mit dieser Frage an jedermanns liebste Quelle für zuverlässiger Informationen, Wikipedia, finden wir eine relativ einfache, klare Definition: "Belletristik ist im Buchhandel fiktionale Unterhaltungsliteratur in ihren verschiedenen Formen, wie beispielsweise die literarischen Genres Roman und Erzählung."
Im Klartext also: Fiktion. Fantasy, Science Fiction, Kriminalromane, Thriller, tendenziell erstmal alles, was der Fantasie irgendeines Autors entspringt. Inklusive dessen, was eine Mitarbeiterin einer meiner liebsten Buchhandlungen einmal als "Katzenstreubücher" bezeichnete. Diese Bezeichnung rührt, ihrer Aussage nach, daher, dass sie aufgrund des Inhalts dieser Bücher regelmäßig den Bedarf verspürt, zur Vorsicht vor den entsprechenden Regalen auf dem Boden Katzenstreu auszustreuen, um die eventuelle Rutschgefahr zu minimieren. Weshalb diese Rutschgefahr entstehen könnte, überlasse ich jetzt mal eurer Fantasie.  
 
Aber was genau sind denn Katzenstreubücher?
 
Darauf gibt es zwei Antwortmöglichkeiten, eine sehr (und teilweise zu Unrecht) verallgemeinernde, und eine etwas präzisere. Fangen wir erstmal mit der allgemeineren an.
Tendenziell haben beinahe alle Katzenstreubücher eine Gemeinsamkeit: Sie gehören den Genres New Adult, Romantasy oder Dark Fantasy (oder aber deren Subgenres) an. Klar gibt's hier und da auch mal einen Ausreißer, aber ganz grob gesagt lassen sich die meisten dieser Bücher in diese Genres einordnen. Jetzt aber zu sagen, dass jedes Buch, das zu einem dieser Genres gehört, ein Katzenstreubuch wäre, würde zu sehr verallgemeinern und unfair gegenüber diesen Genres sein.
Die präzisere Antwort wäre: Katzenstreubücher sind die Vertreter der genannten Genres, in denen es hauptsächlich um eine Sache geht, und das ist Geschlechtsverkehr. In verschiedensten, teilweise juristisch fragwürdigen Farben, Formen und Variationen. Und damit meine ich nicht, dass ich die Existenz dieser Bücher für juristisch fragwürdig halte (es lebe die Kunstfreiheit!), sondern dass die dort beschriebenen Dinge in der Realität juristisch fragwürdig bis schlicht illegal wären. 
Erkennen kann man diese Bücher häufig (wenn auch nicht immer) daran, dass die Cover entweder in Pastellfarben oder in dunklen Tönen gehalten sind und häufig ein Farbschnitt in ähnlichen Farben vorhanden ist. Weitere Erkennungsmerkmale sind Aufkleber wie "BookTok made me buy it!" oder "Die TikTok Sensation - jetzt auf Deutsch!", für die ich wirklich dankbar bin, denn derlei Aufkleber verhindern, dass ich die Zeit und Energie verschwende, diese Bücher, sollten sie doch mal interessant aussehen, aus dem Regal zu nehmen und anzuschauen. 
Um genau dieser Art Bücher geht es also. Literarische Pornographie eben. Na, kommt eure Fantasie schon in Gange und euch dämmert langsam, warum besagte Mitarbeiterin der Buchhandlung lieber Katzenstreu vor dem Regal ausstreuen will? 
 
Warum genau interessiert mich das jetzt?
 
Tut es nicht. Oder besser gesagt: Tat es nicht. Denn normalerweise verfahre ich mit Dingen, die mich nicht interessieren oder betreffen so, wie jeder normale Mensch es tun sollte: Ich ignoriere sie.
Die sich bildende Problematik ist nur, dass es mir in den letzten Jahren zunehmend schwerer gemacht wird, diese Bücher zu ignorieren. Irgendwann während Corona begann es, dass sich die Fantasy Regale diverser Buchhandlungen, die ich in dieser Zeit besuchte zuerst immer mehr mit Fick-Fantasy füllten, um dann mit den Jahren in manchen Läden die normale Fantasy schlicht komplett aus den Regalen zu verdrängen. Natürlich ist mir klar, dass eine existente Nachfrage durch ein Angebot beantwortet wird, gar keine Frage. 
Nichtsdestotrotz fand ich es bedenklich, als ich 2023 beim Bummeln in einer Stadt, die ich sonst eher selten besuche in der dortigen Thalia Filiale zwar jede Menge Katzenstreubücher hätte erwerben können, Der Herr der Ringe aber leider nicht vorrätig war, sodass ich diesen dort nicht kaufen konnte. Und dieses Muster setzt sich in diversen Buchhandlungen, die ich seitdem aufgesucht habe, fort. Die BookTok/Dark Romance/Romantasy/Young Adult Regale wachsen, die Regale für andere Dinge schrumpfen, der Regalplatz wird immer weniger.
 
Damit wir uns richtig verstehen...
 
...ich kritisiere hier nicht grundlegend die genannten Genres Young Adult, Dark Romance etc. Es mag sich dabei zwar vielleicht nicht um Genres heißen, die ich übermäßig viel lese, aber nur weil mich etwas nicht interessiert, heißt das für mich nicht grundlegend, dass es schlecht ist. Was ich hier kritisiere (und für schlecht halte) sind wie gesagt Bücher, bei denen es sich um literarische Pornographie handelt. Und diese sind eben nicht nur, aber doch hauptsächlich in den genannten Genres vorhanden. 
 
Was ist meiner Meinung nach die genannte literarische Pornographie?
 
Ich würde das genauso definieren, wie ich "normale" Pornographie definieren würde: Sobald eine etwaige Handlung nur noch dazu dient, von einer Sexszene in die nächste überzuleiten, handelt es sich aus meiner Sicht um Pornographie. Für die meisten Bücher dieser Art findet man recht einfach im Internet ein Verzeichnis der Kapitel, die "spicy" sind, was unterm Strich ein Euphemismus dafür ist, dass (ziemlich detailliert) gefickt wird. Spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem die Kapitel in dieser Liste zweistellig werden, handelt es sich meiner Ansicht nach eindeutig um Pornographie. 
Nachdem wir das jetzt also abgehandelt haben, kommen wir endlich mal zum Kern der Sache: 
 
Meine Kritik an Katzenstreubüchern
 
Fangen wir mal so an: Im Normalfall lebe ich mein Leben nach einigen relativ einfachen Grundsätzen. Einer davon ist "Jedem das Seine, mir das Meiste". Wegen meiner soll erstmal jeder lesen, was er oder sie gerne möchte. Mal abgesehen von dem bereits etwas weiter oben genannten Punkt, dass immer mehr Regalplatz in Buchhandlungen für Bücher dieser Art draufgeht, habe ich drei hauptsächliche Kritikpunkte, zwei davon subjektiv, einer davon objektiv. Und weil ich eh schon riechen kann, wie der wütende Mob langsam die Fackeln entzündet, fange ich mit den beiden subjektiven Punkte an. 
 
Ich kann Heuchelei wirklich nicht leiden 
 
Manch einer mag sich jetzt fragen, was genau das mit dem Thema zu tun hat, also lasst mich erklären: 
Es gibt eine erstaunliche Überschneidung zwischen den Menschen, die in den sozialen Medien den Konsum normaler Pornographie kritisieren, auf der anderen Seite aber mit einer beunruhigenden Intensität und Frequenz Bücher dieser Art lesen und empfehlen. Und derlei Heuchelei geht mir, entschuldigt bitte, auf den Sack. 
Da wird dann großspurig drüber geredet, wie schlimm es ist, dass beinahe jeder Mann in der modernen Gesellschaft pornosüchtig ist und ach ja, lest doch mal das neue Buch von Emily McIntire, das ist richtig schön spicy zwinker zwinker. 
Und Gott bewahre, man kritisiert diese Einstellung dann. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass in den Reaktionen alles von relativ höflichen Erklärungen, warum man Unrecht und als Mann sowieso kein Recht, das zu kritisieren hat über die Bezeichnung als rechtsradikaler Chauvinist bis hin zu Androhung körperlicher Gewalt alles vorhanden ist. Eine Diskussion auf sachlicher Ebene ist mir zu diesem Thema bisher leider noch nicht möglich gewesen. Früher oder später wird es immer persönlich, man wir beleidigt, als Incel bezeichnet (Grüße an der Stelle an die Frau, mit der ich seit guten 5,5 Jahren verheiratet bin), chauvinistisch, antifeministisch oder ähnliches genannt etc. etc. etc. 
Am Ende der Argumentationen, wenn sie denn halbwegs sachlich sind, steht oft das gleiche Argument: Selbst, wenn ich richtig liegen würde, ließe es sich nicht vergleichen, denn im Vergleich zu konventioneller Pornographie verursachen Bücher dieser Art kein Leid. Und dem kann ich uneingeschränkt zustimmen. Das Problem ist nur, dass sämtliche anderen Probleme, die an Pornos (auch von mir) kritisiert werden, dennoch bleiben. 
Genauso wie Pornos vermitteln diese Bücher unrealistische Eindrücke von Sexualität. Genauso wie Pornos zersägen diese Bücher den Dopaminhaushalt. Genauso wie Pornos können diese Bücher süchtig machen. Spricht man das aber aus, ist man bei bestimmten Menschen direkt Persona non grata. 
Im Klartext also: Heuchelei der feinsten Sorte. Männer, die Pornos schauen, sind nicht okay, das ist schlecht für die Psyche und vermittelt falsche Eindrücke und überhaupt. Aber ein Buch lesen, in dem Dinge beschrieben werden, an die sich die meisten Pornos nicht mal rantrauen? Klar, kein Ding, alles super!
Und ich will gar nicht erst davon anfangen, wie befremdlich ich es finde, dass sich Leserinnen dieser Bücher durchaus häufiger mal mit ihren Müttern darüber unterhalten, welche ihnen besonders gut gefallen. Ich persönlich habe zwar ein gutes Verhältnis zu meinem Vater, fände es aber dennoch hochnotpeinlich, mich mit ihm über meinen oder seinen Pornographiegeschmack zu unterhalten. Mal davon abgesehen, dass mein in Richtung null tendierender Pornographiekonsum schlicht nicht ausreicht, um einen Geschmack zu entwickeln, aber das ist ein anderes Thema. 
Bevor ich hier vom Hundertsten ins Tausendste komme, mache ich lieber mit dem zweiten subjektiven Punkt weiter: 
 
Ich will nicht mit diesen Gestalten über einen Kamm geschoren werden
 
Ja, ich weiß. Furchtbar egoistisch von mir. Aber ich meine mich erinnern zu können, davon gesprochen zu haben, dass ich mit den beiden subjektiven Dingen anfangen wollte. Und das ist eben eines von den Dingen, die mich ganz persönlich am meisten stören. Das klassische Beispiel ist, dass ich auf irgendeiner Veranstaltung (Geburtstagsfeiern etc.) bin, wo ich Leute treffe, die ich nicht wirklich kenne. Man unterhält sich, kommt ins Gespräch, erzählt ein bisschen was von sich.
Wenn ich dann erwähne, dass ich in meiner Freizeit gerne lese, bekomme ich nicht immer, aber immer öfter diesen bestimmten, wissenden Blick. Diesen "Ahh, du bist auch einer von uns" Blick. Ein bisschen anzüglich, ein bisschen wissend, schwer zu beschreiben. Dieser Blick währt dann allerdings nur so lange, bis ich die unweigerlich kommende "Und was liest du so?" Frage beantworte. Ab da fällt das Verständnis und das Interesse an meiner Freizeitbeschäftigung des Lesens deutlich ab. Ich schätze, Dostojewski oder Sapkowski sind einfach nicht so sexy wie Colleen Hoover oder bereits erwähnte Emily McIntire. 
Und ja, ganz ehrlich, ich heule hier unnötig rum, aber nichtsdestotrotz stört es mich trotzdem, mit diesen Leuten über einen Kamm geschoren zu werden. Zu lesen war bis vor ein paar Jahren, zumindest für Menschen in meinem Alter, ein relatives Nerdhobby. Es wird erwartet, dass ältere Leute vielleicht mal ein Buch lesen, manche sogar einen Buchclub haben, wo sie mit anderen Leuten gemeinsam das gleiche Buch lesen und dann darüber diskutieren. Aber ein Mann Mitte 20? Von dem erwartet man nicht, dass er liest. Dementsprechend fanden die meisten Leute es zwar etwas seltsam, alles in allem aber positiv, dass jemand in meinem Alter sich gerne mit dem geschriebenen Wort beschäftigt. An manchen Stellen (vor allem bei meinen Altersgenossen) bin ich hauptsächlich auf Unverständnis gestoßen. 
Bis zum Siegeszug der Katzenstreubücher. Seitdem werde ich vor allem von Altersgenossen einfach nur für einen weiteren Pornosüchtigen gehalten, wenn ich sage, dass ich dieses Jahr im Schnitt mehr als ein Buch pro Woche gelesen habe. Und ganz ehrlich? Ja, das nervt mich. Tut mir nicht leid. Ich will halt einfach nicht mit Leuten, die Pornographie, völlig egal ob literarisch oder in Form von Bewegtbild, für eine gute Freizeitbeschäftigung halten über einen Kamm geschoren werden. 
So, jetzt aber genug Mimimi. Kommen wir endlich zum objektiven Teil:
 
Denk doch mal einer an die Kinder!
 
Ja, ich weiß. Ich hasse dieses Argument auch. Ich bin auch kein Fan davon, dass beispielsweise die armen Bewohner des Vereinigten Königreichs sich mittlerweile mit ihrem Ausweis identifizieren müssen, um Spotify nutzen zu können, und das alles unter dem Deckmantel des Jugendschutzes. Aber sein wird mal ehrlich, Jugendschutz ist dennoch ein wichtiges Thema. Und ich will das hier nicht nutzen, um diese Art Bücher zu verbieten oder irgendwas dergleichen. Das würde gegen meine liberale Grundordnung verstoßen. Ich appelliere nur daran, dass vielleicht irgendwer mal überlegen sollte, wie man den Jugendschutz besser gewährleisten kann. 
Es kann doch nicht sein, dass über eine EU-weite Authentifizierung via Personalausweis zum Aufruf von 18+ Inhalten im Netz diskutiert wird, gleichzeitig aber Bücher mit (Achtung lieber Lynchmob, meine subjektive Meinung) absolut ekelhaften Inhalten frei verfügbar in Buchhandlungen liegen. Im Falle einer Thalia Filiale in meiner Nähe sogar im gleichen verdammten Regal wie Bücher der Percy Jackson Reihe. Diese Dinge haben absolut nichts in der Nähe voneinander zu suchen. Währenddessen kommen übrigens die großen, gebundenen Ausgaben von Das Lied von Eis und Feuer eingeschweißt in die Läden. Um den Jugendschutz zu gewährleisten. Es ist einfach ein (Fieber)Traum. 
Natürlich ist das kein Problem der Bücher an sich. Das Problem liegt hier an den Mitarbeitern der Buchhandlung, in dem Fall der erwähnten Thalia Filiale, die den Inhalt der Bücher nicht kennen und sie daher einfach wahlweise nach Genre oder nach der Optik der Cover in das Regal stellen, das ihnen passend erscheint. 
Oh, und von den Covern will ich gar nicht erst anfangen. Ich meine, schaut euch doch mal diesen Facebook Post an, der "spicy chapters" in Büchern auflistet. Allein die ersten beiden Cover in der obersten Reihe sehen aus, als würden sie Kinder/werdende Teenager ansprechen wollen, und nicht Erwachsene. Aber gut, ich schweife ab. 
 
Also du Genie, wie geht es jetzt weiter?
 
Ich habe nicht die geringste Ahnung. Das war ja aber auch nie die Absicht dessen, was ich hier zusammenschreibe. Meine Absicht war, meinem Ärger über dieses Thema endlich mal Luft zu machen. Nicht mehr, nicht weniger. 
Ich will nicht, dass diese Bücher verboten werden oder das sie verschwinden. Es kann und soll gerne jeder lesen, was er oder sie will. Tue ich schließlich auch. Ich würde mir nur wünschen, dass ich nicht mit diesen Leuten über einen Kamm geschoren werde und das - ja, so altmodisch bin ich - die Leute sich vielleicht wenigstens wieder etwas mehr schämen und nicht stolz in der Öffentlichkeit einen Porno lesen und dann auch noch mit anderen darüber diskutieren, was sie daran am besten finden. 
Meine optimale Welt in dieser Hinsicht sähe wie folgt aus: 
Macht es bundeweit so ähnlich, wie Thalia in Münster. Die haben dort nämlich eine Buchhandlung eröffnet, die einzig und allein Bücher der Genres führt, denen auch Katzenstreubücher angehören. Zack, Problem gelöst. Der Boden dieser Buchhandlung kann mit Katzenstreu ausgestreut werden, wie es die weiter oben erwähnte Mitarbeiterin einer meiner liebsten Buchhandlungen vorgeschlagen hat. Wer solche Bücher kaufen will, kann es dennoch weiter tun, findet sogar eine darauf spezialisierte Buchhandlung. Dafür nehmen diese Bücher keinen (oder weniger) Platz in normalen Buchhandlungen weg und wenn man wollte könnte man sogar den Jugendschutz gewährleisten.  
Noch einmal: Ich will nicht alle New Adult/Romantasy/etc. Bücher über einen Kamm scheren, wenn ich dieses Beispiel bringe. Ich möchte damit nur sagen, dass das ein Lösungsansatz wäre. Nicht alle Bücher dieses Genres in eine eigene Buchhandlung zu verbannen, sondern nur die, bei denen es sich um glorifizierte Pornographie handelt.  
Wird das passieren? Nein, wahrscheinlich nicht. Aber ein bisschen Wunschdenken sollte man sich ab und an dennoch mal erlauben. 
 
Um dann endlich mal zum Ende zu kommen
 
Ich könnte hier jetzt sicherlich noch ewig über dieses Thema weitermachen. Das will ich nur nicht schreiben und ihr wollte es nicht lesen. Also will ich mal versuchen, diesen sowieso schon viel zu langen Text zu einem halbwegs brauchbaren Ende zu bringen. 
Noch einmal, zum besseren Verständnis: Mein Ziel ist es nicht, diese Bücher zu verbieten. Warum sollte es das auch sein? Existieren würden sie dennoch weiterhin, sie wären eben nur nicht mehr einfach so im freien Handel erhältlich. 
Was ich mir wünschen würde, wäre, dass die Zielgruppe solcher Bücher vielleicht selber mal etwas objektiver mit dem Thema umgeht, sich ab und zu mal an die eigene Nase fasst. Mein Ärgernis über diese Bücher wäre nicht halb so groß, wenn ich nicht regelmäßig und bei kleinster Kritik an diesen Dingen direkt und persönlich angegriffen würde. 
Klar ist es in einem gewissen Maße Heuchelei von mir, nach diesem Post ein wenig Objektivität von der anderen Seite zu verlangen, aber mein gesamter erster Kritikpunkt würde quasi sofort wegfallen, wenn es möglich wäre, mit der Leserschaft dieser Werke sachlich zu diskutieren. Ist es aber leider nicht, ich spreche da aus Erfahrung. Zumindest online nicht. Im echten Leben glaube ich nicht, dass mir auch nur die Hälfte der Dinge entgegengeschleudert würden, die ich mir online bereits anhören durfte. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema, das ich jetzt nicht auch noch anschneiden möchte.  
Vor dem abschließenden Dank dafür, dass du dieses Machwerk hier gelesen hast, möchte ich noch ein Wort an diejenigen Vertreter der entsprechenden Leserschaft wenden, die eventuell den Weg hierher finden: 
Ich bin mehr als bereit dazu, zu diesem Thema eine sachliche Diskussion zu führen. Wozu ich nicht bereit bin sind Beleidigungen, persönliche Angriffe etc. Derlei Dinge werde ich schlicht und einfach ignorieren. Ansonsten bleibt mir noch, euch zwei Weisheiten mit auf den Weg zu geben. Zum einen spiegelt eine Argumentationsstruktur zumeist die Intelligenz der Person wider, die ebendiese verfasst hat. Und zum anderen: Wenn man ins Blaue schießt und jemand "Aua" schreit, bedeutet das meistens, dass man ins Schwarze getroffen hat. 
So, jetzt aber genug dessen. Wer es bis hierher geschafft hat, dem danke ich vielmals fürs Lesen dieses literarischen Ergusses. Ich will nichts versprechen, aber mein Plan ist zumindest (siehe diesen Post), in Zukunft wieder mehr hier zu schreiben, vornehmlich zum Thema Bücher. Weniger Posts wie dieser und mehr Posts über das, was ich so lese oder kürzlich gelesen habe. Bis dahin verbleibe ich erstmal mit vielen Grüßen, wünsche euch allen einen schönen Tag und danke euch noch einmal dafür, dass ihr das hier gelesen habt. 

Montag, 1. Dezember 2025

Umbenannt

Das ist alles. Also die Überschrift. Hab den Spaß hier umbenannt. Die URL bleibt gleich, aber da die nächsten Posts, die ich in meinem Kopf grob strukturiert und geplant habe alle das gleiche Thema haben werden (Bücher, um dieses Thema beim Namen zu nennen), hielt ich das für angebracht. 
Ich wollte nie Buchblogger werden. Aber irgendwie freunde ich mich langsam mit dem Gedanken an, und sei es nur, um eine Gegenstimme zu dem zu bieten, was da draußen im Netz so rumläuft.  

Montag, 4. Dezember 2023

Ich bin wirklich froh, nicht studiert zu haben

Hallo ihr Lieben. Lange nicht gesehen gelesen und so. Aber hey, auf der Arbeit war viel los, der November ist gerade erst rum und ich hab zum dritten Mal in Folge am NaNoWriMo teilgenommen, also war mein Bedürfnis nach dem geschriebenen Wort erstmal den Monat über gedeckt. Und was die Zeit davor angeht... Naja, wenn ich ehrlich bin, hatte ich halt einfach nicht wirklich viele Themen, über die ich mich hier auslassen wollte. Ich habe ein paar halbfertige Texte in meinen Entwürfen liegen, aber irgendwie bisher noch keine Lust dazu gehabt, die fertig zu schreiben, vor allem weil der eine oder andere davon noch eine gewisse Menge an Recherchearbeit erfordert, bevor er zumindest ansatzweise die Qualität hat, die ich einer Veröffentlichung würdig befinde. Ich will nicht versprechen, dass nach der Veröffentlichung dieses Posts hier wieder etwas regelmäßiger was kommt, aber wer weiß, vielleicht finde ich ja doch irgendwann mal hier und da die Zeit und Muße, ein bisschen auf meine Tastatur einzuschlagen und irgendwas zu fabrizieren, was man hier veröffentlichen kann. Jetzt aber erstmal ans Eingemachte sozusagen. 

Über das Thema dieses Posts habe ich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder mit Freunden, Bekannten, Verwandten und meiner Frau gesprochen und bin zu genau dem Schluss gekommen, der in der Überschrift steht: Ich bin froh, dass ich nicht studiert habe. Aber fangen wir mal am Anfang an, oder? Ich muss euch nämlich was beichten: Ich bin enorm ungebildet. Bei mir hat's weder zum Fachabitur, geschweige denn zum "richtigen" Abitur gereicht. Ich habe nichts als einen Realschulabschluss, der noch dazu eher mittelmäßig ist, und eine abgeschlossene Ausbildung, die ebenfalls eher mittelmäßig ist. Und wisst ihr was? Ich bereue nichts, im Gegenteil. 
Beinahe meine gesamte Schulzeit lang, genau genommen aber der fünften Klasse, war der Konsens unter beinahe allen meinen Lehrern, dass man quasi studieren muss. Das reichte von Lehrern, die uns Schülern das nur angeraten haben, bis zu denen, die zur ganzen Klasse im letzten Schuljahr an der Realschule gesagt haben: "Ihr müsst weiter zu Schule gehen, Abi machen und studieren. Ihr wollte doch nicht die Loser sein, die am Ende nur eine Ausbildung haben und kein Geld verdienen."

Und so war diese Idee in den Köpfen der allermeisten meiner Mitschüler, ebenso wie in meinem Kopf, festgesetzt. Also habe ich, nachdem ich keinen Ausbildungsplatz in meinem Wunschberuf bekommen habe, nach der Realschule nahtlos damit weitergemacht, eine gymnasiale Oberstufe zu besuchen. Dort habe ich allerdings schon während der Einführungsphase gemerkt, dass Schule einfach nichts mehr für mich ist. Das ewige Lernen von Dingen, die man direkt nach der Klausur wieder vergisst, war mir einfach zu viel und ich habe den Sinn darin nicht gesehen. Zusätzlich dazu kam noch, dass ich zu der Zeit zwei Freunde hatte, die zeitgleich mit meinem Start an der Oberstufe eine Ausbildung angefangen haben. Dadurch hatte ich immer vor Augen, dass beide nicht nur nach der Arbeit zu ähnlichen Zeiten zuhause waren wie ich nach der Schule, sondern auch noch Geld dafür bekommen haben, während ich, je nach Schultag, 6-9 Stunden außer Haus war und am Ende jeden Monat genau die 30€ Taschengeld hatte, die ich von meinen Eltern bekommen habe. 
Das hat dann am Ende dazu geführt, dass ich mich während des elften Schuljahres an der Oberstufe auf gut Glück bei einem Betrieb beworben habe, der mich im vorherigen Jahr abgelehnt hatte, weil die Stelle bereits besetzt gewesen war. Und siehe da, bei der 50. Bewerbung, die ich für eine Ausbildung als Fachinformatiker für Systemintegration geschrieben habe, bekam ich eine Zusage. 
Im Anschluss daran habe ich quasi sofort alles in die Wege geleitet, um den Ausbildungsvertrag zu unterschreiben, habe bei der Schule bekannt gegeben, dass ich nach dem Jahr aufhören und eine Ausbildung anfangen werde und so weiter und so fort. Die Erinnerung an den Oberstufenkoordinator, der nach meiner Abmeldung für die weiteren Schuljahre das Gespräch mit mir suchte, habe ich noch sehr lebhaft im Kopf. Er sagte mir damals, er würde hoffen, dass er mich nicht eines Tages als Kassierer im ALDI oder in einem ähnlich schlechten Job wiedersehen würde. Ich denke, ich kann heute mit gewisser Sicherheit sagen: "Lieber Herr <zensiert>, sie hätten sich keine Sorgen machen brauchen. Ich hab's ganz gut getroffen."
Nach diesem Gespräch, in dem der gute Mann mich trotz aller Mühen und aller Horrorszenarien, die er mir für meine Zukunft gemalt hat nicht davon überzeugen konnte, zu bleiben, habe ich das restliche Schuljahr abgesessen. Also versteht mich nicht falsch, ich bin jeden Tag zur Schule gekommen, habe mich am Unterricht beteiligt, vor Klausuren gelernt etc., aber am Ende habe ich mir vermutlich nicht so viel Mühe gegeben, wie ich es getan hätte, wenn ich weitergemacht hätte. Dennoch gehört das Abgangszeugnis, das ich von dieser Schule habe zu den besten meiner Zeugnisse, vermutlich, weil es an dieser Schule mehr als zwei Lehrer gab, die dazu in der Lage waren (und vermutlich auch noch sind), Wissen weiterzuvermitteln. Aber das ist ein Thema für ein anderes Mal, denke ich. 

An meinem letzten Schultag an der Oberstufe nahm ich also mein Zeugnis, ging nach Hause und dachte freudig: "Nie wieder zur normalen Schule gehen, ist das geil." Und entgegen dessen, was mir viele Leute gesagt haben, wenn ich diesen Gedanken geäußert habe, bin ich auch heute noch der gleichen Meinung. Aber gut, auch das ist ein anderes Thema, und zu eben diesem "Du wirst die Schule vermissen" habe ich vor einiger Zeit hier schon mal etwas geschrieben. 
Als dann also der August des Jahres 2015 heranrollte und ich von der Schule zum ersten Mal in einen Arbeitsalltag gerutscht bin, fühlte ich mich sofort wohl. Plötzlich saß ich nicht mehr in einem vollen Klassenraum mit 20 oder mehr lauten Mitschülern, sondern in einem Büro mit zwei anderen Kollegen. Und plötzlich wurde mir nicht mehr für den Alltag völlig unnützes Wissen wie beispielsweise Polynomdivision vermittelt, sondern tatsächlich Dinge, die für meinen Berufsalltag wichtig waren. Das Gleiche galt für die Berufsschule, die ich wöchentlich besuchte. Und zu allem Überfluss bekam ich dann auch noch monatlich Geld für das alles. 
Versteht mich an dieser Stelle nicht falsch. Meine Ausbildung war nicht perfekt und mit Sicherheit eine der schwersten Zeiten in meinem bisherigen Leben. Das lag allerdings nicht nur an der Ausbildung, sondern auch daran, dass ich zu dieser Zeit privat einige Schwierigkeiten hatte. Um es mal ganz kurz zusammenzufassen: In der Firma war ich das Mädchen für alles und es wurde immer zugesehen, dass ich keine Sekunden Leerlauf hatte. Während also die Kollegen quasi dauerhaft durch Facebook scrollte, wenn uns mal wieder das Sommerloch erfasst hatte, wurde ich dreimal in der Woche in die Werkstatt geschickt, um dort Patchkabel zu sortieren, zu zählen, aufzuräumen und sauber zu machen. Unnötig zu sagen, dass sich die Anzahl und Sortierung der Kabel vom einen auf den anderen Tag nicht verändert hat, denke ich. Klassische ABM eben.
Und weil das nicht gereicht hat, war mein Leben privat zu der Zeit ebenfalls nicht sonderlich angenehm, weil ich in einer ziemlich ungesunden, toxischen Beziehung festgesteckt habe, lange Zeit, ohne es zu merken. Um es auch hier kurz zusammenzufassen: Meine damalige Freundin hat beinahe jeden Aspekt meines Privatlebens kontrolliert, wann immer ich Widerworte gab, brach sie einen Streit vom Zaun, der meistens über mehrere Tage hinwegging und derlei Dinge. 

Irgendwann war dann allerdings der Punkt gekommen, an dem alles wieder bergauf ging. Ich trennte mich von ihr, schloss meine Ausbildung ab und trat, nach einem kurzen Stint in der Arbeitslosigkeit, die Stelle an, die ich auch jetzt noch habe. Und seitdem bin ich an einem Punkt, an dem ich mich nicht wirklich beschweren kann. 
Ich habe eine angenehm bezahlte Stelle mit (meistens) sehr geregelten Arbeitszeiten, kann mir ohne Probleme die Miete für eine schöne Dreizimmerwohnung leisten, die ich gemeinsam mit meiner Frau bewohne, schaffe es, zwei Autos (mein eigenes und das meiner Frau) zu unterhalten und komme auch ansonsten mehr als gut über die Runden. Ich kann mir sogar solche unnötig dekadenten Dinge leisten, wie mehr als das durchschnittliche deutsche Nettogehalt an meinem linken Handgelenk spazieren zu tragen. Genauso bin ich in der Position, mir mal eben "spontan" bei einem Besuch im Musikhaus meines Vertrauens einen Lebenstraum zu erfüllen und mit einer Stratocaster für an die 1000€ den Laden wieder zu verlassen, ohne dass das meine persönlichen Finanzen in eine tiefe Krise stürzt. 

Und genau das ist es eben, was mich immer wieder auf das bringt, was ich in die Überschrift geschrieben habe. Ich kenne mehr Leute in meinem Alter, die studiert haben (und noch wesentlich mehr, die aktuell noch studieren), als ich Leute in meinem Alter kenne, die eine Ausbildung gemacht haben. Und (Ausnahmen bestätigen hier die Regel) ganz allgemein sind die, die eine Ausbildung gemacht haben und in ihrem Lehrberuf arbeiten mit der Gesamtsituation zufriedener als die, die studieren. 
Damit will ich nicht verallgemeinern, dass eine Ausbildung super und ein Studium schlecht ist, im Gegenteil. Jeder sollte eben genau das machen, was er für sich selbst für richtig hält. Nur leider gibt es hier ein zweigeteiltes Problem, das mir immer wieder auffällt. 
Der erste Teil ist, wie ich eben schon angesprochen habe, die Schule. Nicht nur bei mir "damals", sondern auch bei beispielsweise dem sechzehnjährigen Sohn einer Kollegin, wird in der Schule massiv auf die Kinder und Jugendlichen eingeredet, bloß keine Ausbildung anzufangen, sondern bis zum Abitur weiterzumachen und anschließend zu studieren. Das führt dann natürlich dazu, dass viele derer, für die (wie für mich zum Beispiel) die Ausbildung der bessere Weg gewesen wäre, in einem Studiengang sitzen, mit dem sie unglücklich sind und/oder auf den sie gar keine Lust haben. Oft kommt dann noch dazu, dass man im Studium nicht viel Geld hat, selbst wenn man nebenbei arbeitet, was zu hoher Frustration bei den meisten in meinem Freundeskreis führt. Und so kenne ich eben Menschen, die seit fünf oder mehr Jahren Fächer studieren, auf die sie eigentlich gar keine Lust haben, weil ihnen in der Schule eingeredet wurde, dass sie das tun müssen. Und eben, weil sie keine Lust darauf haben, ist auch kein Ende des Studiums in Sicht. 
Der zweite Teil des Problems ist die Sicht, die in unserer Gesellschaft (zumindest nach meiner anekdotischen Evidenz) auf junge Menschen herrscht, die "nur" eine Ausbildung haben. Viele meiner Kollegen, wie auch Leute in meinem privaten Umfeld haben, sobald sie erfahren haben, dass ich nichts als eine Ausbildung habe, die im Kern gleiche Frage gestellt: "Und wann fängst du mit dem Studium an?" Die Reaktionen gingen von Kenntnisnahme über Kopfschütteln bis zu dem Vorwurf, ich sei nicht sonderlich intelligent, wenn ich diese Frage mit "Gar nicht" beantwortet habe. Ähnliches beobachte ich auch, wenn die Verwandtschaft zusammenkommt. Wann immer ich auf irgendeiner Feier innerhalb der Familie bin, kommt diese Frage immer wieder auf mich zu, obwohl ich sie schon mehr als oft genug beantwortet habe. Und jedes Mal kommt dann: "Ja aber, der/die so-und-so, Sohn/Tochter von dem-und-dem studiert ja jetzt auch und nach dem Studium verdient der dann viel mehr Geld als du."
Mit allem gebührenden Respekt und ohne angeben zu wollen: Nein. Wenn ich mir die Statistiken anschaue, haben über 80% der in Vollzeit arbeitenden Bevölkerung in Deutschland ein geringeres Einkommen als ich. Folglich gibt es also nur zwei Szenarien, in denen die vorher getätigte Aussage stimmen würde. 
Entweder die Person schätzt mein Einkommen falsch ein, oder sämtliche Leute, die im Freundes- und Bekanntenkreis meiner Verwandtschaft existieren und aktuell studieren, verdienen eben nach dem Studium noch besser als ich. Anhand der eben genannten Zahl von über 80% in Deutschland, die weniger Netto haben als ich, halte ich die letzte Option allerdings schon rein rechnerisch für eher unwahrscheinlich. Aber gut, das ist wieder ein anderes Thema. 

Fakt ist jedenfalls für mich, dass ich trotz aller Nachfragen und Kritik daran, dass ich nicht studiert habe und auch nicht plane, das noch zu tun, die für mich richtige Entscheidung getroffen habe. Und das ist es ja am Ende auch, worum es gehen sollte. Die Entscheidung zu treffen, die für die eigenen Person richtig ist. Nicht die, die einem vielleicht Lehrer, Eltern, Freunde und Verwandte einreden wollen. 
Ich bin hier in der glücklichen Situation, dass meine Eltern mich bei so ziemlich jeder Entscheidung in dem Bereich unterstützt haben. Wichtig war ihnen nur, dass ich nicht auf der faulen Haut liege und gar nichts mache. Und das ist meiner Meinung nach auch der richtige Weg. Ich kenne mehrere Leute, die nur studieren, weil ihre Eltern sich das gewünscht haben, und das kann nicht der richtige Weg sein. Genauso wenig kann es der richtige Weg sein, zu studieren, weil einem die Lehrer jahrelang eingeredet haben, dass man es mit einer Ausbildung nie zu etwas bringen wird. 
Und ja (weil das gerne immer als Argument gegen mich in dieser Diskussion angebracht wird), vielleicht werde ich niemals eine Führungsposition innehaben oder dergleichen. Aber ganz ehrlich, ich bin im Moment mehr als zufrieden damit, ein mittelgroßes Zahnrad in der Maschine zu sein, die Teile der öffentlichen Infrastruktur in sechs Bundesländern am Laufen hält. Mir genügt das und ich kann ehrlich gesagt nicht sehen, warum das irgendwann nicht mehr so sein sollte. 

Um hier jetzt aber mal langsam zu einem Fazit und damit dann auch zum Ende zu kommen: Tut das, was für euch richtig ist. Bei weitem nicht jeder, der studiert ist damit unglücklich. Ich kann nur aus meiner eigenen, wie gesagt anekdotischen Erfahrung sagen, dass ich mehr Leute kenne, die studieren und mit ihrer Lebenssituation unzufrieden sind, als ich Leute kenne, die eine Ausbildung gemacht haben und mit ihrer Lebenssituation unzufrieden sind. Das wird es umgekehrt aber sicherlich genauso geben. Das hier ist auch kein Post, der eine Ausbildung glorifizieren und ein Studium verteufeln soll, auch wenn es vielleicht hier und da so wirkt. Das hier ist ein Post, in dem ich von meiner eigenen, völlig subjektiven Erfahrung berichte und sage, dass ich froh bin, am Ende nicht studiert zu haben, weil ich sonst enorm unzufrieden mit meinem Leben gewesen wäre. Also, noch einmal: Tut das, was sich für euch richtig anfühlt. 
Wenn das ein Studium ist, dann studiert. Aber wenn ihr Zweifel habt oder wisst, dass ihr lieber eine Ausbildung machen würdet, dann folgt diesem Gefühl und studiert nicht trotzdem, weil euch jemand anders das sagt. Das wird am Ende zu nichts führen außer einem Studium, dass die doppelte Regelstudienzeit dauert und immer noch nicht abgeschlossen ist. 
Damit wäre jetzt eigentlich so ziemlich alles gesagt, was ich sagen möchte, aber ich möchte zum Abschluss noch eine Kleinigkeit hinterherschieben, das Tüpfelchen auf dem i sozusagen. Im Rahmen der Entstehung dieses Posts habe ich mal spaßeshalber ein wenig Recherche angestellt, wie viel ein Realschullehrer in dem Bundesland, in dem ich zur Schule gegangen bin, im Durchschnitt verdient. Das Ergebnis dieser Recherche war, dass mein Einkommen nach drei Jahren Ausbildung und fünf Jahren arbeiten beim gleichen Arbeitgeber mit hoher Wahrscheinlichkeit das aller Lehrer, die mir seinerzeit sagten, ich müsse studieren, übersteigt. Aber das nur noch so als kleine Anmerkung am Rande. 

Was den Rest angeht, danke ich euch wie üblich fürs Lesen, entschuldige mich für diese Wall-of-Text und hoffe, man sieht sich vielleicht mal wieder. Dieses Mal eventuell etwas schneller als nach über einem Jahr. Macht's gut. 

Freitag, 15. Juli 2022

Schullektüre oder: Wie wir systematisch dafür sorgen, dass ganze Generationen das Lesen hassen

Disclaimer: Ich habe nicht sonderlich viel Ahnung von dem, was ich hier schreibe und es handelt sich dabei ausschließlich um meine Meinung zu dem Thema. 

Hallo ihr Lieben. Meinem vorletzten Post war ja ziemlich eindeutig zu entnehmen, dass ich (wie ihr vermutlich auch) eine nicht geringe Menge meines bisherigen Lebens in der Schule verbracht habe. Und wie das eben so ist, hat sich in diese Zeit auch die eine oder andere Lektüre eingeschlichen. Egal ob im Deutsch- oder Englischunterricht, früher oder später passierte es immer, dass irgendein Buch gelesen wurde. In meiner Schulzeit waren das alles in allem elf Stück, von denen mir nur eins ("Krabat" von Otfried Preußler) wirklich positiv in Erinnerung geblieben ist. Der Rest ließ sich aus meiner Sicht eher irgendwo zwischen "erträglich" und "Oh Gott, wann ist es endlich vorbei" kategorisieren. An dieser Stelle möchte ich der Vollständigkeit halber einmal auflisten, um welche Bücher es sich da handelt, aber nicht jedes einzelne bewerten oder irgendwie in die genannten Kategorien aufteilen. Da wären also: 

  • "Konrad: oder Das Kind aus der Konservenbüchse" von Christine Nöstlinger
  • "Krabat" von Otfried Preußler
  • "Die Wolke" von Gudrun Pausewang
  • "Die Welle" von Morton Rhue (zweimal, einmal auf dem Gymnasium, einmal auf der Realschule)
  • Das Tagebuch der Anne Frank
  • "Hau ab, du Flasche" von Ann Ladiges
  • "Auf Wiedersehen im Cyberspace" von Gillian Cross
  • "Der Richter und sein Henker" von Friedrich Dürrenmatt
  • "Tschick" von Wolfgang Herrndorf
  • "Leben des Galilei" von Bertholt Brecht
  • "Thirteen Reasons Why" von Jay Asher
Diese Liste ist wie gesagt ohne Wertung und auch nur der Vollständigkeit halber hier eingefügt. Im Kern soll dieser Post sich darum drehen, wie vielen Leuten durch das erzwungene Lesen schlechter bis mittelmäßiger Bücher bis heute der Spaß am Lesen genommen wurde. Mich persönlich betrifft das nicht, dafür aber viele der Leute, die ich kenne. Und das ist traurig, denn lesen kann - wenn man denn die richtigen Bücher nimmt - ein wirklich schöner und entspannender Zeitvertreib sein. Genügend Leute aus meinem sozialen Kreis aber wurde durch den Zwang, diverse mittelmäßige bis schlechte Bücher in der Schule lesen zu müssen sämtlicher Spaß am Lesen ziemlich effektiv ausgetrieben. Und ich kann es verstehen. Wenn ich nicht schon seit ich lesen gelernt habe damit angefangen hätte, alles zu verschlingen, was mich annähernd interessiert hat, dann würde es mir vermutlich ähnlich gehen. Da ich aber mit dem Mindset "Lesen ist toll" in die weiterführende Schule und damit die Zeit der Lektüren gestartet bin, haben diese Bücher lediglich meine Motivation zu lesen ein wenig gedämpft, anstatt sie völlig zu torpedieren.

So oder so habe ich, wie dieser Blog vielleicht ab und an aufzeigen mag, eine gewisse Affinität zum geschriebenen Wort. Das hat allerdings nicht wirklich dafür gesorgt, dass ich an solch literarischen Meisterwerken wie "Auf Wiedersehen im Cyberspace", welches seinerzeit völlig zurecht für 1 Cent gebraucht auf Amazon zu erstehen war, mehr Freude hatte als andere, die zu dessen Konsum genötigt wurden. Die allermeisten meiner Klassenkameraden haben schlichtweg direkt darauf verzichtet, die entsprechenden Bücher zu lesen und haben sich, wenn überhaupt, ein paar Tage vor der entsprechenden Klassenarbeit eine Zusammenfassung der Geschichte, der Charaktere und deren Entwicklung im Internet gesucht. Die meisten allerdings, ausgehend von meiner Erfahrung, haben die eine Arbeit im Jahr einfach als zu vernachlässigen betrachtet, irgendwelchen Mist hingeschrieben und die erwartete 4 kassiert. Ich habe bei beinahe allen oben genannten Büchern zu den wenigen gehört, die das jeweilige Machwerk komplett gelesen haben und war zusätzlich dazu meistens der einzige Vertreter meines Geschlechts, der das getan hat. Und warum? Ich glaube, die Antwort darauf ist zweigteilt. 

Zum einen habe ich, wie bereits oben geschrieben, eine gewisse Zuneigung zu auf Papier gedruckten Wörtern. Zum anderen, in direktem Zusammenhang damit stehend, habe ich eben schon in meiner Grundschulzeit viel und gerne gelesen, was natürlich dazu geführt hat, dass ich in der Lage war und bin, verhältnismäßig schnell zu lesen. Das bedeutete natürlich entsprechend, dass es für mich keine die gesamte Ferienzeit ausfüllende Aufgabe war, wenn der Lehrer sagte "Lest dieses Buch mit 200 Seiten bitte über die zwei Wochen Herbst/Osterferien". Wenn das Buch zumindest halbwegs gut lesbar war, habe ich das die meiste Zeit so oder so schon getan, bevor die Ferien überhaupt anfingen. Ansonsten habe ich mich eben hingesetzt und meistens das erste Ferienwochenende damit verbracht, mich durch die entsprechende Publikation zu arbeiten und dabei gelegentlich zu denken "Was für eine Zeitverschwendung, du könntest jetzt auch ein vernünftiges Buch lesen". 

Kein Wunder also, dass diejenigen aus meiner Klasse, die eh nicht sonderlich viel lasen keine Lust dazu hatten, eine langweilige Geschichte zu lesen, für deren Konsum sie auch noch einen wesentlichen Teil ihrer Freizeit hätten opfern müssen. Und an diesem Punkt kommen wir zu der Idee, die vor einiger Zeit in meinem Hirn aufkeimte: 
Wieso lassen wir unsere Schüler nicht vernünftige, spannende Bücher lesen? Bücher, bei denen die Motivation zum lesen von ganz alleine kommt, weil die Geschichte so einnehmend ist, dass man ganz von sich aus wissen möchte, wie es weiter geht. Noch dazu eventuell sogar Bücher, deren Charaktere so gut geschrieben und ausgearbeitet sind, dass es eventuell sogar Spaß macht und ganz leicht von der Hand geht, Charakterisierungen zu schreiben, anstatt eine elende Quälerei zu sein. Und auch, wenn das alles Geschmackssache ist, so glaube ich doch, halbwegs objektiv sagen zu können, dass beispielsweise eben genanntes "Auf Wiedersehen im Cyberspace" oder eben auch "Hau ab, du Flasche" keine guten Bücher sind. Die Geschichten sind sterbenslangweilig, teilweise vorhersehbar und haben nur einen einzigen Zweck, nämlich dem Leser (gar nicht mal so) unterschwellig mitzuteilen, dass Suchtmittel echt nicht so cool sind. Ich weiß nicht, wie es mit euch ist, aber ich persönlich kann unterschwellige Erziehungsversuche nicht sonderlich gut leiden, erst recht nicht, wenn sie ungefähr so unterschwellig wie der örtliche Honda Civic Tuner sind, der mit seinem 125 dB Auspuff nachts im ersten Gang durch alle Wohnsiedlungen ballert, um den Leuten unterschwellig mitzuteilen, was für ein tolles Auto er hat. 

Aber ich schweife ab. 

Um zum Thema zurückzukommen: Mir stellt sich grundlegend die Frage, weshalb es scheinbar nicht möglich ist, zumindest halbwegs brauchbare Bücher im Schulunterricht zu lesen. Bevor ich mich allerdings daran gemacht habe, meinen ehemaligen Lehrern Vorwürfe über ihre Buchauswahl zu machen, hab ich meinen bereits im letzten Post erwähnten ehemaligen Geschichtslehrer Mark gefragt. Neben Geschichte unterrichtet der nämlich auch noch Englisch und hat folglich Erfahrung mit der Auswahl von Lektüren. An dieser Stelle sei hier einfach mal seine Antwort zitiert, die mir zumindest teilweise meine Vermutung bestätigt hat: 

"Also im Grunde gibt es einen Lehrplan für das Land und dann einen schulinternen Lehrplan. In dem schulinternen Lehrplan werden vom Kollegium Themen und auch Bücher besprochen und für die Jahrgangsstufen beschlossen.
Natürlich habe ich als Lehrer freie Hand, aber wenn eine Konferenz für alle Klassen eines Jahrgangs ein Buch nehmen wollen, muss sich jeder Kollege, wenn er nicht Stress haben möchte, daran halten.
Habe ich einen solchen Beschluss nicht (schulintern) muss ich gucken, was das Land sagt.
Aber dann habe ich viel Freiheit. Das Grundthema muss halt passen.
Ich kann, wenn Shakespeare verlangt wird NICHT Orwell machen."

Natürlich bezieht sich diese Antwort nur auf Nordrhein-Westfalen, da ich auch nur dort zur weiterführenden Schule gegangen bin und Mark dort unterrichtet. Aber dennoch sehe im eben meine Vermutung, dass die Lehrer eine gewisse Freiheit in der Auswahl der Lektüre haben, wie gesagt bestätigt. Trotzdem will ich hier nicht alleine den Lehrer die Schuld geben, denn es ist zu bedenken, dass es einen meistens recht beträchtlichen Altersunterscheid zwischen Schüler und Lehrer gibt und folglich Ansichten, Geschmäcker und eben auch Meinungen zu Büchern an beiden Enden dieser Kette verschieden sind. So habe ich beispielsweise, seit ich etwas älter geworden bin, einige der üblichen Schullektüren höherer Klassen gelesen, unter anderem George Orwells "1984", J.D. Salingers "The Catcher in the Rye" und Harper Lees "To Kill a Mockingbird". Jedes davon hat mir gut gefallen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das, als ich vor acht Jahren an der gymnasialen Oberstufe war, die ich letzten Endes zu Gunsten meiner Ausbildung abgebrochen habe, genauso gewesen wäre. Ich würde gerne ja sagen, aber damit würde ich mein 17/18 Jahre altes Ich vermutlich geistig reifer darstellen, als es tatsächlich war. 

Aber eben genau das muss man irgendwo bei der Auswahl einer Lektüre beachten. Die Gehirne von Lehrern und Schülern befinden sich eben auf einem unterschiedlichen Entwicklungsstand und entsprechend sind die Prioritäten und Interessen anders verteilt. Alles, was mich während meiner Realschulzeit beispielsweise interessiert hat, war WoW, meine Freunde und Musik im Allgemeinen und Nirvana im Speziellen. Und während alle diese Dinge mich auch heute noch interessieren, sind mit den Jahren und der Reife eben auch andere Sachen dazugekommen, die das Interesse an anderen Geschichten mit sich brachten. Und genau hier setzt jetzt meine Kritik an den Lehrern an, die ich in den entsprechenden Fächern hatte: Man kann eben nicht erwarten, dass Schüler begeistert davon sind, eine Geschichte zu lesen, die absolut nicht ihrem Interesse entspricht. Und allgemein wird die Begeisterung auch nicht dadurch größer, dass man die Schüler dazu "zwingt", diese Geschichte zu lesen. 

Natürlich kann ich irgendwo auch die andere Seite verstehen. Lehrer sind auch nur Menschen und sich einfach daran zu halten, jedes Jahr "Die Welle" zu lesen, wofür man eben schon eine gut ausgearbeitete Unterrichtseinheit hat, ist schlicht weniger Aufwand, als jedes Jahr ein anderes Buch zu lesen. Davon abgesehen unterstelle ich hier jetzt mal, dass an der Stelle auch ein wenig das Prinzip "Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht" gilt und man sich deshalb lieber an die althergebrachten Sachen hält, anstatt neues auszuprobieren. Und das ist im Prinzip ja auch nicht schlimm. Das Problem ist nur, dass wahrscheinlich seit 1984 locker 30 Jahrgänge an Siebtklässlern damit gequält wurden, "Die Welle" lesen zu müssen, damit sie auch wirklich begreifen, wie schlimm Faschismus ist und wie leicht er sich ausbreiten kann. An sich ist es eine gute Sache, den Schülern das beizubringen, aber ich habe meine Abneigung gegenüber Faschismus sicherlich nicht daher, dass ich dieses Buch im Laufe meiner Schulzeit zweimal lesen musste. Der einzige positive Punkt, den ich für "Die Welle" machen kann ist, dass das Buch zumindest gut genug geschrieben ist, um ein erträgliches Leseerlebnis zu bieten. Es wird sicherlich niemals eins meiner Lieblingsbücher werden, aber ich musste mich weit weniger durchquälen als bei anderen Einträgen auf der Liste oben.

Jetzt wollen wir aber mal zu dem Ereignis kommen, das diese wall-of-text ausgelöst hat. Vor einiger Zeit unterhielt ich mich mal mit einer Arbeitskollegin, die mir von der Schullektüre ihrer Tochter erzählte. Diese Tochter liest aktuell in der Schule "Tödliche Spiele" von Suzanne Collins. Wem das jetzt vage (oder auch nicht so vage) bekannt vorkommt, dem sei mitgeteilt, dass das das erste Buch der Tribute von Panem Reihe ist. Und wer diesen Post hier gelesen hat, der weiß, dass ich dieses Media-Franchise ziemlich gerne mag. Entsprechend bin ich also verdammt neidisch auf die Tochter meiner Kollegin, dass die in der Schule ein vernünftiges, spannendes Buch lesen darf und ich (fast) immer nur den gefühlten Bodensatz aus der Kategorie "Jugendbücher" lesen musste. Und auch darauf, dass sie zumindest in Deutsch einen Lehrer oder eine Lehrerin hat, die eben genau das begreift, was ich hier irgendwie auszudrücken versuche: Wenn die Lektüre gut genug ist, fangen die Kinder/Jugendlichen ganz von selbst an zu lesen. Natürlich wird es weiterhin auch dann Schülerinnen und Schüler geben, die es vorziehen, die Verfilmung des Buches zu schauen und sich vielleicht noch im Internet eine Zusammenfassung anzuschauen. Aber ich äußere auf blauen Dunst mal die Vermutung, dass die Zahl derer, die das machen sich analog zur Qualität des gelesenen Buches verhält. 

An eben diesem Punkt kommt eben für mich beinahe schon geniale Auswahl des ersten Panem-Buchs als Schullektüre ins Spiel. Nicht nur ist das ein Buch von der "Kann man nicht weglegen" Sorte, nein. Es hat auch noch mehr als nur eine Spur Gesellschaftskritik und mehr als genug unterschwellige Botschaften und Charaktere, die in den von Lehrern so geliebten Standardaufgaben zu der gelesenen Lektüre kaputtanalysiert werden können. Last but not least kommt noch dazu, dass das Buch zwei Fortsetzungen und ein Prequel hat, wodurch man vielleicht tatsächlich noch Schüler dazu bewegen könnte, in ihrer Freizeit zu lesen, weil sie gerne wissen wollen, wie es weitergeht. Genau so funktioniert es meiner Meinung nach, Kinder und Jugendliche dazu zu bekommen, freiwillig ein Buch in die Hand zu nehmen und es zu lesen. 

Natürlich liest nicht jeder gerne. Wir alle sind verschiedene Menschen mit verschiedenen Hobbies und das ist auch gut so. Genügend meiner Altersgenossen haben sich lieber mit Fernsehserien, Internetvideos oder Videospielen befasst und ich kann es verstehen. Alles in allem vertrete ich schließlich grundlegend die Meinung, dass, bei aller Liebe für Bücher, Filme, Serien etc., das Videospiel das aktuell beste Storytelling-Medium ist, das der Menschheit zur Verfügung steht. Wer das nicht so ganz glauben kann oder will, der sollte sich einmal mit dem absoluten Meisterwerk befassen, das Horizon Zero Dawn ist. Aber ich schweife ab. Wie bereits erwähnt ist Lesen sicherlich kein Hobby für jeden Menschen. Ich frage mich aber dennoch, wie viele meiner Altersgenossen wohl nie damit angefangen haben, in ihrer Freizeit zu lesen, weil sie beinahe seit Beginn ihrer Schulzeit nur Langeweile mit Büchern verbunden haben. Ich persönlich habe in meinem Freundeskreis mindestens zwei Menschen, denen es so geht. 

Natürlich könnte und kann mir das egal sein, schließlich ist das ja deren Verlust und hindert mich nicht daran, weiterhin zu lesen, was ich will. Es ist mir aber nicht egal, zumindest nicht völlig. Gewissermaßen habe ich Mitleid mit diesen Menschen, weil ihnen so viele großartige Welten und Geschichten verschlossen bleiben. Denn bei aller Liebe, die ich beispielsweise sowohl für die 1990er als auch die 2017er/2019er Verfilmungen von Stephen Kings Es habe, so kommen alle Filme doch nicht annähernd an das Buch heran, was die Verstrickung der Handlung angeht. Und so ist es eben mit vielen, ja beinahe allen Buchverfilmungen. Völlig am Rande liegen lasse ich hier mal die Bücher, die zwar großartig sind, aber (noch) nicht verfilmt wurden. So verpassen viele Leute großartige Geschichten, weil ihnen in der Kindheit und Jugend durch die Schule das Lesen verdorben wurde. Daher jetzt, quasi als Abschluss dieses ellenlangen Textes hier folgende Frage von mir: Muss das wirklich sein? Es könnte doch auch anders gehen.  

Ich danke euch allen wie üblich fürs Lesen, wenn ihr euch bis an diesen Punkt durcharbeiten konntet. Der Text hat dieses Mal keine Bilder, weil ich nicht viel finden konnte, was wirklich dazu gepasst hätte. Sicherlich hätte ich einige der Cover der erwähnten Bücher einfügen können, aber was hätte das groß für einen Wert gehabt, außer den Text etwas aufzulockern? Alles in allem handelt es sich bei diesem halben Roman, wie bereits am Anfang erwähnt, nur um meine Meinung und meine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke. Ich will mir keineswegs anmaßen zu behaupten, dass ich damit völlig richtig liege und nur meine Meinung zählt oder das ich auch nur annähernd Ahnung von dem hätte, was ich da schreibe und behaupte. Ich will lediglich diese Vermutungen äußern, die sich aus meiner bisherigen Erfahrung mit dem Thema ergeben haben. Erneut vielen Dank dafür, dass ihr das gelesen habt und bis zum nächsten Mal. 

Donnerstag, 26. Mai 2022

Der Musikgeschmack meiner Generation


Hallo ihr Lieben. Nachdem mein letzter Post mittlerweile mehr oder weniger ein dreiviertel Jahr her ist, fiel mir kürzlich ein, dass dieser Blog ja auch noch existiert. Ich hab zwar vor längerer Zeit schon einmal einen Post angefangen, der braucht aber noch ein bisschen länger, bis er fertig wird. Zum einen wird dieser Post wohl etwas länger werden und zum anderen muss/will ich hier und da zu dem Thema recherchieren, um keine Fehlinformationen "abzudrucken". Daher hier jetzt erstmal einen kleinen Lückenfüller, angeregt durch eine Konversation, die ich kürzlich führte und einen Fund, den ich während meines Umzugs in einer meiner Schreibtischschubladen machte. 

Vorweg ein kleiner, unnützer Fakt: Mein ursprünglicher Plan war es, diesem Post mit "Der Musikgeschmack der Jugend" zu überschreiben, bis mir auffiel, dass ich mit 25 langsam aber sicher wohl wirklich nicht mehr zur Jugend gehöre. Trotz dessen, dass ich wie die allermeisten erwachsenen Menschen fünf Tage die Woche zur Arbeit gehe, Auto fahre, meine Rechnungen und Miete zahle, habe ich es bisher irgendwie immer noch nicht geschafft, mich wirklich erwachsen zu fühlen, aber das wie gesagt nur kurz am Rande. Jetzt aber (im wahrsten Sinne) weiter im Text hier. 

Wie den meisten Menschen, die mich kennen bekannt sein dürfte, höre ich gerne und viel Musik. Ich gehöre nicht zu diesen Menschen, die dauernd überall sagen und/oder posten "Musik ist mein Leben" etc., schlicht weil ich persönlich das einfach cringe finde, wie man heutzutage so schön sagt. Ja, Musik ist auch ein großer Teil meines Lebens, so groß, dass ich mir mit 17 die Haare hab wachsen lassen, weil ich so ein glühender Nirvana und Kurt Cobain Fan war, dass ich dem Mann am liebsten in allem, außer vielleicht der Heroinsucht und dem Tod mit 27, nacheifern wollte. Und die Haare habe ich heute noch. Die Vorliebe für die Musik von Nirvana ebenfalls, auch wenn sie nicht mehr ganz so obsessiv ist wie früher. Und nun weiter zu einem der beiden Auslöser dieses Posts. 

Vor nicht allzu langer Zeit holte ich meinen Vater und einen Freund von ihm abends von einer Veranstaltung ab. Wie fast immer lief auf der Fahrt in meinem Auto Musik, schließlich habe ich objektiv betrachtet zu viel Geld für die Anlage in dem Fahrzeug ausgegeben, folglich nutze ich sie auch, wann immer ich kann. Irgendwann im Verlauf der Fahrt beschwerte sich dann der Freund meines Vaters über meinen schlechten Musikgeschmack und darüber, dass früher alles, inklusive der Musik allgemein und dem Musikgeschmack der Leute besser war. Und mal abgesehen davon, dass ich mich zum einen nicht sonderlich für Kritik an meinem Musikgeschmack interessiere und man zweitens den Musikgeschmack von Leuten so oder so eher schlecht kritisieren kann, weil Geschmack eben rein subjektiv ist, hat mich diese Aussage ein wenig ins Grübeln gebracht. Ist denn der Musikgeschmack meiner Generation wirklich schlechter als der, vor früheren Generationen? Wenn ich nicht ich wäre, würde ich diese Überlegung jetzt damit beenden, dass meine Großeltern mit Vorliebe Hansi Hinterseher, die Kastelruther Spatzen und die Wildecker Herzbuben hören. Da ich aber eben ich bin, mache ich daraus eine lange, pseudophilosophische wall-of-text, die den folgenden Gedanken als Grundlage hat: 

Der Musikgeschmack meiner Generation ist nicht schlechter, er ist schlicht diverser. 

Was ich damit meine? Naja, genau das. Im Gegensatz zu früher haben die allermeisten Leute in meinem Alter und darunter einen wesentlich vielseitigeren Musikgeschmack. Und das hängt, wie so oft, mit den Entwicklungen der Technik zusammen, die in den letzten ~20 Jahren passiert sind. Ich bilde mir hier ein, eine Sicht auf die Dinge zu haben, die ältere und jüngere Menschen als ich nicht zwingend habe. Wie bei vielen Dingen, beispielsweise in der Fotografie, dem Fernsehen und andere Technik gehöre ich zu der seltsamen "zwischen-den-Stühlen Generation", sage ich mal. Ich bin alt genug, um noch analoge Fotografie, Röhrenfernseher und Kassetten mitbekommen zu haben, aber auch nicht so alt, dass ich in vielerlei Hinsicht bei den alten Technologien bleibe und die modernen Gegenstücke ignoriere. Und ja, ich weiß, dass das heuchlerisch von jemandem klingt, der gerne mal auf Film fotografiert und einen ganzen Blogpost dazu geschrieben hat, wie toll doch Plattenspieler sind. Aber gebt mir einen Moment, um mich zu erklären. 

Beispielsweise eines meiner Lieblingsalben
Ja, ich besitze und benutze einen Plattenspieler und ja, ich besitze und benutze mehrere analoge Spiegelreflexkameras. Aber das ändert nichts daran, dass meine hauptsächlich genutzte Möglichkeit des Musikkonsums Spotify und meine hauptsächlich genutzte Kamera meine Alpha 7 II ist. Dennoch mag ich es, dass man bei der Nutzung eines Plattenspielers gewissermaßen durch die Funktion des Geräts dazu gezwungen wird, sich aktiv mit der Musik zu befassen. Genau so mag ich es, dass man durch die limitierte Länge eines Films genauer überlegen muss, welches Foto man jetzt wie macht, weil man eben nicht einfach blindwütig auf den Auslöser drücken, fünfzig Fotos vom gleichen Motiv machen und dann am PC am Ende das beste davon aussuchen kann. Möchte ich deswegen nur noch Musik auf Platte hören und nur noch analog fotografieren? Gott bewahre nein, dafür bin ich viel zu geizig, denn sowohl Schallplatten, als auch Filme und deren Entwicklung kosten wesentlich mehr Geld als das Spotify-Abo und die SD-Karte, die in meiner Kamera steckt. Völlig davon abgesehen sind sowohl Spotify und Digitalkameras wesentlich bequemer und bieten mehr Möglichkeiten. Und eben diese Möglichkeiten, die Spotify bietet sind es, um die es hier im Kern geht, auch wenn es bisher nicht so wirkt. 

Der weiter oben erwähnte Fund, den ich in meinem Schreibtisch machte, war mein Sony Walkman NWZ-E474, den ich mir im Jahr 2012 gekauft habe, als der iPod, den meine Eltern mir zu meiner Konfirmation geschenkt hatten präzise drei Wochen nach Ablauf der Garantie kaputtging. Das Anschließen dieses Geräts an meinen PC zeigte, dass es zu meiner Begeisterung noch problemlos funktioniert. Noch dazu hielt ich damit quasi eine Zeitkapsel in der Hand, denn seit ich 2015 auf Spotify umgestiegen bin, habe ich die Musik darauf nicht mehr angefasst. Und so fand ich darauf etwas vor, das meinen Musikgeschmack deutlich anders beschreibt, als ich ihn heute, zehn Jahre später, beschreiben würde. Der Großteil der darauf zu findenden Musik besteht aus Iron Maiden, Green Day, Nirvana, Pearl Jam, AC/DC, blink-182, Creedence Clearwater Revival, Fall Out Boy, Red Hot Chili Peppers, Avril Lavigne und My Chemical Romance, ab und an durchzogen durch irgendwas, was gerade in den Charts war und mir gefallen hat. Alles in allem kann man also wohl behaupten, dass mein Musikgeschmack vor zehn Jahren deutlich Richtung Rock geschwungen ist, vor allem fokussiert auf Punk/Grunge. Und während ich heute zu großen Teilen noch die gleiche Musik höre, höre ich auch viel andere Musik. Heute sind viele neue Sachen dazugekommen. So habe ich in den letzten Jahren eine Vorliebe für Saltatio Mortis, Imagine Dragons, Alligatoah, Cro, Coldplay, Falco, die Beatles, Pink Floyd, Robin Schulz und viele viele Weitere entwickelt. Und wodurch kommt das? Durch Spotify, um es sehr vereinfacht zu formulieren. 

Zu großem Teil Schuld daran, dass viel Menschen in meiner Generation so einen diversen Musikgeschmack haben ist die Veränderung in der Art, wie wir Musik hören. Spotify bietet eine Möglichkeit, die die vorherigen Generationen nicht hatten. Ich muss nicht mehr in den Laden gehen und mir das Album einer Band oder eines Solokünstlers als Schallplatte, Kassette oder CD kaufen, ich kann es mir einfach auf Spotify anhören. Und wenn mir nur drei von zwölf Liedern gefallen, dann kann ich diese drei einer Playlist hinzufügen und die anderen ignorieren. Und genau das ist es, was für die Diversität der konsumierten Musik sorgt. Wenn ich nicht gezielt und bewusst ein bestimmtes Album hören will, sondern einfach nur Lust auf Musik habe, klicke ich bei meine 2600 Titel Playlist auf Zufallswiedergabe und gut ist. Worauf ich gerade keine Lust habe, wird geskippt, der Rest wird gehört. Ganz einfach. Aber eben dadurch entsteht wohl auf andere Menschen der Eindruck, dass mein Musikgeschmack seltsam oder schlecht ist. Und das ist schon in Ordnung. Die einzige Person, der mein Musikgeschmack gefallen muss, bin schließlich ich. 

Und was bedeutet das alles jetzt für mich? Muss ich mir jetzt die Haare abschneiden, wieder eine langweilige Kurzhaarfrisur tragen und alle Bandshirts für immer in meinem Kleiderschrank einmotten? Nein, sicherlich nicht. Ich liebe die Rockmusik immer noch so sehr, wie ich es vor zehn Jahren getan habe, es gibt nur schlichtweg auch andere Musik, die mir gefällt. Und das kann man jetzt gerne, so wie der Freund meines Vaters, für schlechten Musikgeschmack halten und mir sagen, dass ich "nicht mehr Rock n Roll genug" bin oder ähnliche Dinge. Aber interessiert es mich? Gott bewahre, nein. Ich werde weiterhin die Musik hören, die ich liebe, sei es jetzt Rock, Punk, Pop, House/EDM, Rap oder die Klassiker aus den 80ern. Ich habe mich noch nie sonderlich dafür interessiert, was Menschen von mir im Allgemeinen und meinem Musikgeschmack im Speziellen halten und werde jetzt bestimmt nicht damit anfangen. 

Vielen Dank an euch fürs Lesen. Ich wünsche euch einen schönen Tag und verabschiede mich bis zum nächsten Mal. Hoffentlich nicht wieder mit so einem großen Abstand. 

Dienstag, 14. September 2021

Du wirst die Schule vermissen!

Hallo ihr Lieben. Ja, ihr könnt euren Augen ruhig trauen, ich poste tatsächlich zweimal im gleichen Quartal. Das muss nicht heißen, dass das in Zukunft immer so ist, denn ich poste vor allem aus zwei Gründen: Ich habe Zeit/Lust dazu und ich habe ein Thema, über das ich schreiben kann. Im Falle dieser Geschichte hier sind diese Bedingungen mal wieder zusammengekommen, also habe ich mich vor meinen Rechner gesetzt und diesen wundervollen Textbeitrag hier fabriziert. Viel Vergnügen.

Vorab sei noch gesagt: Mir ist klar, dass nicht alles schwarz und weiß oder gut und schlecht ist. Dieser Text mag auf den ersten Blick wirken, als hätte ich meine Schulzeit und alle Beteiligten gehasst, dem ist aber nicht so. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, zuerst die negativen Dinge aufzulisten und anschließend zu relativieren und die Dinge aufzulisten, die mir an meiner Schulzeit gefallen haben und vielleicht sogar ein wenig fehlen. 

Wer kennt sie nicht, die klassische Aussage der Lehrer: "Wenn ihr erst arbeitet, dann werdet ihr die Schule vermissen, glaubt mir." Das war bei vielen, wenn auch nicht allen meiner Lehrerinnen und Lehrer an sämtlichen weiterführenden Schulen, die ich besucht habe die Standardantwort darauf, wenn sich jemand über irgendwas beschwert hat. Und wenn ich da heute so drüber nachdenke, frage ich mich, wann es denn bei mir endlich so weit ist. Ich bin jetzt seit über sechs Jahren Mitglied der arbeitenden Gesellschaft, habe einen 40+ Stunden/Woche Job in der Informatik und bin damit echt glücklich. Ich habe einen guten Arbeitgeber, größtenteils nette Kollegen und werde gut bezahlt. Noch dazu habe ich eine ganz angenehme Zahl an Urlaubstagen im Jahr und eine Gleitzeitregelung, die mir erlaubt, auch mal früher abzuhauen. Daher stellt sich mir wirklich die Frage, was genau ich an der Schule vermissen sollte. 

Vielleicht den von anderen Leuten vorgefertigten Stundenplan, auf den ich wenig bis gar keinen Einfluss habe. Oder doch eher die Tatsache, dass ich nach acht Stunden Schule nach Hause komme, um dann nochmal anderthalb Stunden an meinem Schreibtisch zu sitzen und Hausaufgaben zu machen. Und vielleicht noch dazu die Tatsache, dass ich am Ende des Tages, nachdem ich an langen Tagen neun bis zehn Stunden für die Schule gearbeitet habe mit genau 0€ für den ganzen Aufwand dastehe. Nein, ehrlich gesagt vermisse ich das nicht. Ich bevorzuge mein Büro, in dem ich um die acht Stunden am Tag verbringe und nach dessen Verlassen ich tatsächlich Feierabend habe. Noch dazu bekomme ich am Ende des Monats ein anständiges Sümmchen auf mein Konto überwiesen, von dem ich mir ein angenehmes Leben leisten kann. Aber gut, gehen wir die Liste mal weiter durch, was könnte ich denn noch vermissen?

Vielleicht ist es ja die tägliche Busfahrt zur Schule, die notwendig ist, weil mein Heimatort über keine weiterführende Schule verfügt. Eventuell vermisse ich ja auch den mies gelaunten Busfahrer des lokalen Omnibusdepots, der heute Morgen schon wieder das kürzeste Streichholz gezogen hat und deswegen den Schulbus fahren muss. Vielleicht vermisse ich es auch, während dieser Busfahrt Musik mit mittelmäßigen Kopfhörern zu hören, deren eine Seite schon seit Monaten lauter ist als die andere, weil sich ein Kabelbruch anbahnt, woran ich aber nichts ändern kann, weil ich kein Geld habe, mir neue Kopfhörer zu kaufen. Es könnte natürlich auch sein, dass ich es vermisse, mich mit 50 oder mehr lärmenden, größtenteils ungewaschenen mehr-oder-weniger-Altersgenossen in einen Bus ohne Klimaanlage zu setzen. Aber wenn ich so darüber nachdenke, lautet auch hier die ehrliche Antwort nein. Ich wüsste keinen Grund, diese Erfahrung vorzuziehen, wenn die andere Option ist, mich alleine in mein klimatisiertes Auto zu setzen und meine 800€ Stereoanlage zu genießen. 

Vermisse ich es vielleicht, nachdem ich diesen Bus verlassen habe mit einem Anteil der erwähnten Altersgenossen gemeinsam in ein Klassenzimmer zu gehen, das mit 20 oder mehr Leuten besetzt ist und scheinbar immer einen Grundschallpegel von 90 dBA oder mehr hat? Oder vermisse ich den Tageslichtprojektor, der im Sommer bessere Arbeit bei der Erhöhung der Zimmertemperatur macht, als die Heizung der Schule es im Winter tut? Vermisse ich es, in erwähntem Sommer bei Temperaturen von 25°C und mehr in einem nicht klimatisierten Klassenzimmer zu sitzen, dass ich mir ebenso wie den Bus mit mehreren, teilweise ungewaschenen Altersgenossen teilen muss? Oder fehlt es mir, in ebenfalls erwähntem Winter zweimal pro Tag für 20 Minuten in die Kälte geschickt zu werden, weil Bewegung ja so wichtig für Kinder und Jugendliche sind? Dort zu stehen oder rumzulaufen und zu hoffen, die Pause möge vergehen, bevor sich die Haut auf meinem Handrücken mal wieder dazu entscheidet, aufzuplatzen und zu bluten? Nein, auch davon vermisse ich nichts. Ich ziehe in jeder Hinsicht mein im Winter wie im Sommer auf 23°C klimatisiertes Büro vor, in dem es die meiste Zeit wunderschön leise ist und das ich nur für den Weg zum Auto nach Feierabend verlassen muss. Noch dazu kommt, dass die meisten meiner Kollegen mit Konzepten wie "Körperpflege" und "Regulierung der eigenen Stimmlautstärke" vertraut sind. 

Vielleicht vermisse ich ja aber den Unterricht selbst. Die Lehrer, die keinerlei Kompetenz darin besitzen, Wissen interessant zu vermitteln. Die Mitschüler, deren Hauptaufgabe es scheinbar ist, eine akustische Atmosphäre herzustellen, in der selbst die Lehrer, die dazu fähig sind, Wissen zu vermitteln kaum bis gar keinen Unterricht machen können. Eventuell vermisse ich auch das Schreiben von Klassenarbeiten in einer Atmosphäre, die sich zwar etwas von der im vorherigen Satz erwähnten unterscheidet, aber immer noch weit von dem entfernt ist, was ich als "ruhig" bezeichnen würde. Und vielleicht besteht auch noch die Möglichkeit, dass ich das den Klassenarbeiten vorangestellte Bulimielernen vermisse. Oh, und natürlich die allgemeine Tatsache, mir Wissen in den Kopf prügeln zu müssen, das ich nach der Schulzeit nie wieder brauchen werde. Auch entgegen der vehementen Behauptung meiner Lehrer habe ich bisher weder Polynomdivision, noch den Aufbau einer pflanzlichen Zelle oder die Subtextanalyse von Goethes Erlkönig in meinem weiteren Leben benötigt. Hier ziehe ich es ebenfalls vor, in meinem ruhigen Büro zu sitzen und eben vor allem die Dinge zu lernen, die für mein tägliches Berufsleben wichtig sind. 

Eventuell vermisse ich ja aber den Sportunterricht. Dieses Mekka der staatlich-schulisch verordneten Bewegungstherapie, die zumeist daraus besteht, irgendwelche Ballspiele zu spielen, in denen die Alphamännchen der Klasse außergewöhnlich gut sind, während der Rest versucht, möglichst nicht zu hart von den Bällen des Möchtegern-Ronaldos getroffen zu werden. Auch das vermisse ich nicht. Viel mehr bin ich nahezu unbändig begeistert davon, dass ich mir jetzt meine Art des körperlichen Ausgleichs einfach selber aussuchen kann. Und so gehe ich regelmäßig bouldern, fahre viel Fahrrad und schwimme auch mal bei Gelegenheit ganz gerne. Alles für mich persönlich schöne Möglichkeiten des Ausgleichs, was vor allem aber nicht nur daran liegt, dass die Chance dabei von einem Ball im Gesicht getroffen zu werden recht nah an Null liegt. 

Aber vielleicht vermisse ich ja das miteinander. Jeden Werktag in der Woche mit hormongesteuerten Gleichaltrigen zu verbringen, die nichts außer Imponiergehabe und dem neusten Klatsch und Tratsch im Kopf haben. Quasi täglich die Frage "Bist du noch mit deiner Freundin zusammen?" gestellt zu bekommen und sie aufgrund der Frequenz, mit der sie gestellt wird mit einem reflexartigen Kopfnicken zu beantworten. In der Allergiezeit quasi täglich von den Leuten genervt zu werden, ob ich ihnen nicht vielleicht was von meinem Spliff abgeben möchte. All das würde eine etwas weniger misanthropische Person als ich sicherlich vermissen, aber ich tue es ganz bestimmt nicht. Ich bevorzuge auch da meine Arbeit. Klar gibt es hier und da auch mal den Flurfunk, aber der dreht sich die meisten Zeit eher darum, was gerade im Unternehmen passiert und nicht darum, wer mit wem zusammen ist, wer vielleicht welche Drogen nimmt und wer welche Noten in welchem Fach hat. 

Aber, auch wenn der bisherige Text das vermuten lässt, es war nicht alles schlecht in meiner Schulzeit. Und deswegen ist jetzt die Zeit gekommen, zumindest einige meiner Aussagen ein wenig zu relativieren. 

Zum einen können natürlich auch meine 30 Tage Jahresurlaub nicht mit der Menge an freien Tagen mithalten, die ich als Schüler hatte. Aber das ist okay für mich, denn ich habe ehrlich gesagt nicht unbedingt das Gefühl, mehr als diese 30 Tage im Jahr zur Erholung zu brauchen. Da spielt mit großer Wahrscheinlichkeit allerdings auch die Tatsache mit rein, dass ein durchschnittlicher Arbeitstag für mich wesentlich weniger anstrengend ist, als es ein durchschnittlicher Schultag war. Das mag zum einen mit meinem Alter zusammenhängen, zum anderen aber wahrscheinlich auch damit, dass es bei mir auf der Arbeit wesentlich leiser ist, als es jemals in irgendeinem Klassenraum war, den ich betreten habe. 

Außerdem war ich weiter oben vielleicht ein wenig hart im Bezug auf die Lehrer, die ich im Laufe meiner Schullaufbahn so hatte. Es gab zwar genügend schwarze Schafe, aber eben nicht nur. So seien meine Lehrerinnen und Lehrer in Biologie, Physik, Musik und Geschichte von der Realschule hier einmal lobend erwähnt, die aus meiner Sicht alle tolle Personen sind und sehr gut darin waren, ansprechenden und interessanten Unterricht zu machen. Außerdem seien - abgesehen von meinen Lehrerinnen für Spanisch - alle Lehrkräfte der gymnasialen Oberstufe lobend erwähnt, die ich ein Jahr lang besucht habe. Zum Abschluss bliebe noch mein Sportlehrer der letzten beiden Realschuljahre zu erwähnen, den ich zum einen auf persönlicher Ebene sehr gerne mag und der zum anderen eben nicht immer auf die laute Minderheit, die unbedingt Fußball spielen wollte gehört hat, sondern auch eine Menge anderer Themen mit uns im Sportunterricht gemacht hat. Ihr seht also, es war nicht alles schlecht. 

Als jemand, der nebenberuflich Misanthrop ist kann ich allerdings nicht sagen, dass ich das Zwischenmenschliche meiner Schulzeit vermisse. Gut, ich war trotz dessen, dass ich eher ungern in Gesellschaft bin relativ gut dazu fähig, auf Leute zuzugehen, aber nur deswegen vermisse ich sicher nicht meine Schulzeit, während derer ich mit 25 Leuten in einem Raum gesessen habe, von denen ich drei oder vier gut leiden und den Rest tolerieren konnte. Aber eben das war meine "Überlebensstrategie" in der Schule. Ich habe mir eine kleine Gruppe an Freunden gesucht und dann eigentlich nur noch mit denen zusammen rumgehangen und den Rest so gut es ging gemieden. Das ist zwar nicht das, was sich meine Lehrer gewünscht haben, aber hey, wir sind hier eben nicht bei "Wünsch dir was", wir sind hier bei "so isses". Darunter haben dann zwar meine Kopfnoten ab der achten Klasse ein wenig gelitten, aber um ehrlich zu sein könnte mir nichts egaler sein.

Das Positive, was am zwischenmenschlichen Aspekt meiner Schulzeit angemerkt werden sollte ist, dass ich den Großteil der Leute, die sich heute in meinem sozialen Kreis befinden in der Schule kennengelernt habe. Und dem zum Trotze, was unsere Lehrer damals sagten, haben wir uns nicht aus den Augen verloren, sondern sind weiterhin Freunde geblieben und haben sehr regelmäßig Kontakt zueinander. 

Und jetzt? Jetzt sitze ich hier, kabellose, auf beiden Seiten gleich laute Kopfhörer im Ohr, Laptop auf dem Schoß am See des Parks der ostwestfälischen gerade-so-Großstadt, in der ich mein Tagewerk verrichte, und versuche ein Fazit für diesen Text zu schreiben. Und wisst ihr was? Das ist gar nicht so einfach, wie ich es erwartet hatte, als ich diesen Text vor ein paar Tagen an meinem heimischen Schreibtisch angefangen habe. Ich habe diesen Text in Erwartung dessen geschrieben, dass ich am Ende mit einer Liste negativer Dinge aus meiner Schulzeit und dem Fazit "Ich vermisse die Schule nicht" dastehe. Aber ganz so schwarz/weiß ist das alles dann doch nicht geworden. Also lasst mich versuchen, das irgendwie zusammenzufassen. 

Meine Schulzeit war sicherlich nicht die beste Zeit meines Lebens. Ich bin nie ungern zur Schule gegangen, hab aber auch nie zu den Überfliegern gehört, die unbedingt in jedem Fach perfekt sein wollten. Ich habe überall genau so viel getan, wie ich musste, weil ich nie gesehen habe, was es mir bringen sollte, mehr zu tun. Letzten Endes bin ich damit gut durchgekommen und an dem Punkt gelandet, an dem ich heute bin. Ich habe ein gutes Leben, Zuhause wartet der Gegenstand der "Bist du noch mit deiner Freundin zusammen?" Frage, mit dem kleinen Unterschied, dass wir mittlerweile wie von meiner oben einmal erwähnten Biolehrerin vor über zehn Jahren prophezeit verheiratet sind. Ich habe einen guten Job, ein schönes Auto, eine schöne Wohnung und mehrere gute Freunde. Ich bin in einer Situation, in der ich sagen kann, dass es mir finanziell gut genug geht, um keine großen Sorgen zu haben. Die Grundlage für all diese Dinge habe ich in meiner Schulzeit gelegt. Denn auch, wenn ich nie der Klassenbeste war, die Noten, die ich letzten Endes erreicht habe, haben für mich genügt, meine Ausbildung zu ergreifen und den Beruf zu erlernen, den ich heute mit (mal mehr, mal weniger) Begeisterung ausübe. Ich weiß, was ich der Schule zu verdanken habe, betrachte die Zeit aber sicherlich nicht durch die rosarote Brille und sage, dass alles großartig und perfekt war. Dafür habe ich mit gewissen Lehrkräften, die ich ab der achten Klasse hatte, zu viele Schwierigkeiten gehabt. 

Alles in allem ist die Frage "Vermisse ich die Schule" für mich gar nicht so einfach zu beantworten. Vermisse ich es, jeden Tag (beinahe) meinen gesamten Freundeskreis zu sehen? Ja. Aber damit ist auch die sehr kurze Liste an Dingen, die ich aus meiner Schulzeit vermisse beendet. Von den anderen, oben bereits genannten Aspekten des Schullebens vermisse ich nichts. Nicht die Hausaufgaben, nicht die Mitschüler, nicht die inkompetenten Lehrer, nicht die Busfahrten oder den Sportunterricht, gar nichts. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir der Unterricht bei den wenigen guten Lehrern in meiner Realschulzeit keinen Spaß gemacht hat, aber auch hier hält sich die Sehnsucht in Grenzen. Im daher die Frage kurz und bündig zu beantworten: Nein, ich vermisse die Schule nicht und nein, ich würde auch nicht wieder zu meiner Schulzeit zurückkehren, wenn ich könnte. Ich bin zwar ein unglaublich nostalgischer Mensch, der sehr gut dazu befähigt ist, mit verklärtem Blick und rosaroter Brille auf die Vergangenheit zurückzublicken, aber irgendwie stellt sich dieser Blick in Hinsicht auf meine Schulzeit nur sehr bedingt ein. In meinen Erinnerungen aus dieser Zeit überwiegen einfach die unangenehmen Erfahrungen gegenüber denen, die ich positiv in Erinnerung habe. 

So, jetzt ist aber auch wahrlich genug geschrieben. Sollte es tatsächlich jemand bis hier unten geschafft haben, danke ich vielmals fürs Lesen und hoffe, dass der Unterhaltungswert dieses halben Romans zumindest halbwegs in Ordnung war. Euch noch einen wunderschönen Tag und bis zum nächsten Mal, wann auch immer das sein mag.