Hallo ihr Lieben. Lange nicht gesehen gelesen und so. Aber hey, auf der Arbeit war viel los, der November ist gerade erst rum und ich hab zum dritten Mal in Folge am NaNoWriMo teilgenommen, also war mein Bedürfnis nach dem geschriebenen Wort erstmal den Monat über gedeckt. Und was die Zeit davor angeht... Naja, wenn ich ehrlich bin, hatte ich halt einfach nicht wirklich viele Themen, über die ich mich hier auslassen wollte. Ich habe ein paar halbfertige Texte in meinen Entwürfen liegen, aber irgendwie bisher noch keine Lust dazu gehabt, die fertig zu schreiben, vor allem weil der eine oder andere davon noch eine gewisse Menge an Recherchearbeit erfordert, bevor er zumindest ansatzweise die Qualität hat, die ich einer Veröffentlichung würdig befinde. Ich will nicht versprechen, dass nach der Veröffentlichung dieses Posts hier wieder etwas regelmäßiger was kommt, aber wer weiß, vielleicht finde ich ja doch irgendwann mal hier und da die Zeit und Muße, ein bisschen auf meine Tastatur einzuschlagen und irgendwas zu fabrizieren, was man hier veröffentlichen kann. Jetzt aber erstmal ans Eingemachte sozusagen.
Über das Thema dieses Posts habe ich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder mit Freunden, Bekannten, Verwandten und meiner Frau gesprochen und bin zu genau dem Schluss gekommen, der in der Überschrift steht: Ich bin froh, dass ich nicht studiert habe. Aber fangen wir mal am Anfang an, oder? Ich muss euch nämlich was beichten: Ich bin enorm ungebildet. Bei mir hat's weder zum Fachabitur, geschweige denn zum "richtigen" Abitur gereicht. Ich habe nichts als einen Realschulabschluss, der noch dazu eher mittelmäßig ist, und eine abgeschlossene Ausbildung, die ebenfalls eher mittelmäßig ist. Und wisst ihr was? Ich bereue nichts, im Gegenteil.
Beinahe meine gesamte Schulzeit lang, genau genommen aber der fünften Klasse, war der Konsens unter beinahe allen meinen Lehrern, dass man quasi studieren muss. Das reichte von Lehrern, die uns Schülern das nur angeraten haben, bis zu denen, die zur ganzen Klasse im letzten Schuljahr an der Realschule gesagt haben: "Ihr müsst weiter zu Schule gehen, Abi machen und studieren. Ihr wollte doch nicht die Loser sein, die am Ende nur eine Ausbildung haben und kein Geld verdienen."
Und so war diese Idee in den Köpfen der allermeisten meiner Mitschüler, ebenso wie in meinem Kopf, festgesetzt. Also habe ich, nachdem ich keinen Ausbildungsplatz in meinem Wunschberuf bekommen habe, nach der Realschule nahtlos damit weitergemacht, eine gymnasiale Oberstufe zu besuchen. Dort habe ich allerdings schon während der Einführungsphase gemerkt, dass Schule einfach nichts mehr für mich ist. Das ewige Lernen von Dingen, die man direkt nach der Klausur wieder vergisst, war mir einfach zu viel und ich habe den Sinn darin nicht gesehen. Zusätzlich dazu kam noch, dass ich zu der Zeit zwei Freunde hatte, die zeitgleich mit meinem Start an der Oberstufe eine Ausbildung angefangen haben. Dadurch hatte ich immer vor Augen, dass beide nicht nur nach der Arbeit zu ähnlichen Zeiten zuhause waren wie ich nach der Schule, sondern auch noch Geld dafür bekommen haben, während ich, je nach Schultag, 6-9 Stunden außer Haus war und am Ende jeden Monat genau die 30€ Taschengeld hatte, die ich von meinen Eltern bekommen habe.
Das hat dann am Ende dazu geführt, dass ich mich während des elften Schuljahres an der Oberstufe auf gut Glück bei einem Betrieb beworben habe, der mich im vorherigen Jahr abgelehnt hatte, weil die Stelle bereits besetzt gewesen war. Und siehe da, bei der 50. Bewerbung, die ich für eine Ausbildung als Fachinformatiker für Systemintegration geschrieben habe, bekam ich eine Zusage.
Im Anschluss daran habe ich quasi sofort alles in die Wege geleitet, um den Ausbildungsvertrag zu unterschreiben, habe bei der Schule bekannt gegeben, dass ich nach dem Jahr aufhören und eine Ausbildung anfangen werde und so weiter und so fort. Die Erinnerung an den Oberstufenkoordinator, der nach meiner Abmeldung für die weiteren Schuljahre das Gespräch mit mir suchte, habe ich noch sehr lebhaft im Kopf. Er sagte mir damals, er würde hoffen, dass er mich nicht eines Tages als Kassierer im ALDI oder in einem ähnlich schlechten Job wiedersehen würde. Ich denke, ich kann heute mit gewisser Sicherheit sagen: "Lieber Herr <zensiert>, sie hätten sich keine Sorgen machen brauchen. Ich hab's ganz gut getroffen."
Nach diesem Gespräch, in dem der gute Mann mich trotz aller Mühen und aller Horrorszenarien, die er mir für meine Zukunft gemalt hat nicht davon überzeugen konnte, zu bleiben, habe ich das restliche Schuljahr abgesessen. Also versteht mich nicht falsch, ich bin jeden Tag zur Schule gekommen, habe mich am Unterricht beteiligt, vor Klausuren gelernt etc., aber am Ende habe ich mir vermutlich nicht so viel Mühe gegeben, wie ich es getan hätte, wenn ich weitergemacht hätte. Dennoch gehört das Abgangszeugnis, das ich von dieser Schule habe zu den besten meiner Zeugnisse, vermutlich, weil es an dieser Schule mehr als zwei Lehrer gab, die dazu in der Lage waren (und vermutlich auch noch sind), Wissen weiterzuvermitteln. Aber das ist ein Thema für ein anderes Mal, denke ich.
An meinem letzten Schultag an der Oberstufe nahm ich also mein Zeugnis, ging nach Hause und dachte freudig: "Nie wieder zur normalen Schule gehen, ist das geil." Und entgegen dessen, was mir viele Leute gesagt haben, wenn ich diesen Gedanken geäußert habe, bin ich auch heute noch der gleichen Meinung. Aber gut, auch das ist ein anderes Thema, und zu eben diesem "Du wirst die Schule vermissen" habe ich vor einiger Zeit hier schon mal etwas geschrieben.
Als dann also der August des Jahres 2015 heranrollte und ich von der Schule zum ersten Mal in einen Arbeitsalltag gerutscht bin, fühlte ich mich sofort wohl. Plötzlich saß ich nicht mehr in einem vollen Klassenraum mit 20 oder mehr lauten Mitschülern, sondern in einem Büro mit zwei anderen Kollegen. Und plötzlich wurde mir nicht mehr für den Alltag völlig unnützes Wissen wie beispielsweise Polynomdivision vermittelt, sondern tatsächlich Dinge, die für meinen Berufsalltag wichtig waren. Das Gleiche galt für die Berufsschule, die ich wöchentlich besuchte. Und zu allem Überfluss bekam ich dann auch noch monatlich Geld für das alles.
Versteht mich an dieser Stelle nicht falsch. Meine Ausbildung war nicht perfekt und mit Sicherheit eine der schwersten Zeiten in meinem bisherigen Leben. Das lag allerdings nicht nur an der Ausbildung, sondern auch daran, dass ich zu dieser Zeit privat einige Schwierigkeiten hatte. Um es mal ganz kurz zusammenzufassen: In der Firma war ich das Mädchen für alles und es wurde immer zugesehen, dass ich keine Sekunden Leerlauf hatte. Während also die Kollegen quasi dauerhaft durch Facebook scrollte, wenn uns mal wieder das Sommerloch erfasst hatte, wurde ich dreimal in der Woche in die Werkstatt geschickt, um dort Patchkabel zu sortieren, zu zählen, aufzuräumen und sauber zu machen. Unnötig zu sagen, dass sich die Anzahl und Sortierung der Kabel vom einen auf den anderen Tag nicht verändert hat, denke ich. Klassische ABM eben.
Und weil das nicht gereicht hat, war mein Leben privat zu der Zeit ebenfalls nicht sonderlich angenehm, weil ich in einer ziemlich ungesunden, toxischen Beziehung festgesteckt habe, lange Zeit, ohne es zu merken. Um es auch hier kurz zusammenzufassen: Meine damalige Freundin hat beinahe jeden Aspekt meines Privatlebens kontrolliert, wann immer ich Widerworte gab, brach sie einen Streit vom Zaun, der meistens über mehrere Tage hinwegging und derlei Dinge.
Irgendwann war dann allerdings der Punkt gekommen, an dem alles wieder bergauf ging. Ich trennte mich von ihr, schloss meine Ausbildung ab und trat, nach einem kurzen Stint in der Arbeitslosigkeit, die Stelle an, die ich auch jetzt noch habe. Und seitdem bin ich an einem Punkt, an dem ich mich nicht wirklich beschweren kann.
Ich habe eine angenehm bezahlte Stelle mit (meistens) sehr geregelten Arbeitszeiten, kann mir ohne Probleme die Miete für eine schöne Dreizimmerwohnung leisten, die ich gemeinsam mit meiner Frau bewohne, schaffe es, zwei Autos (mein eigenes und das meiner Frau) zu unterhalten und komme auch ansonsten mehr als gut über die Runden. Ich kann mir sogar solche unnötig dekadenten Dinge leisten, wie mehr als das durchschnittliche deutsche Nettogehalt an meinem linken Handgelenk spazieren zu tragen. Genauso bin ich in der Position, mir mal eben "spontan" bei einem Besuch im Musikhaus meines Vertrauens einen Lebenstraum zu erfüllen und mit einer Stratocaster für an die 1000€ den Laden wieder zu verlassen, ohne dass das meine persönlichen Finanzen in eine tiefe Krise stürzt.
Und genau das ist es eben, was mich immer wieder auf das bringt, was ich in die Überschrift geschrieben habe. Ich kenne mehr Leute in meinem Alter, die studiert haben (und noch wesentlich mehr, die aktuell noch studieren), als ich Leute in meinem Alter kenne, die eine Ausbildung gemacht haben. Und (Ausnahmen bestätigen hier die Regel) ganz allgemein sind die, die eine Ausbildung gemacht haben und in ihrem Lehrberuf arbeiten mit der Gesamtsituation zufriedener als die, die studieren.
Damit will ich nicht verallgemeinern, dass eine Ausbildung super und ein Studium schlecht ist, im Gegenteil. Jeder sollte eben genau das machen, was er für sich selbst für richtig hält. Nur leider gibt es hier ein zweigeteiltes Problem, das mir immer wieder auffällt.
Der erste Teil ist, wie ich eben schon angesprochen habe, die Schule. Nicht nur bei mir "damals", sondern auch bei beispielsweise dem sechzehnjährigen Sohn einer Kollegin, wird in der Schule massiv auf die Kinder und Jugendlichen eingeredet, bloß keine Ausbildung anzufangen, sondern bis zum Abitur weiterzumachen und anschließend zu studieren. Das führt dann natürlich dazu, dass viele derer, für die (wie für mich zum Beispiel) die Ausbildung der bessere Weg gewesen wäre, in einem Studiengang sitzen, mit dem sie unglücklich sind und/oder auf den sie gar keine Lust haben. Oft kommt dann noch dazu, dass man im Studium nicht viel Geld hat, selbst wenn man nebenbei arbeitet, was zu hoher Frustration bei den meisten in meinem Freundeskreis führt. Und so kenne ich eben Menschen, die seit fünf oder mehr Jahren Fächer studieren, auf die sie eigentlich gar keine Lust haben, weil ihnen in der Schule eingeredet wurde, dass sie das tun müssen. Und eben, weil sie keine Lust darauf haben, ist auch kein Ende des Studiums in Sicht.
Der zweite Teil des Problems ist die Sicht, die in unserer Gesellschaft (zumindest nach meiner anekdotischen Evidenz) auf junge Menschen herrscht, die "nur" eine Ausbildung haben. Viele meiner Kollegen, wie auch Leute in meinem privaten Umfeld haben, sobald sie erfahren haben, dass ich nichts als eine Ausbildung habe, die im Kern gleiche Frage gestellt: "Und wann fängst du mit dem Studium an?" Die Reaktionen gingen von Kenntnisnahme über Kopfschütteln bis zu dem Vorwurf, ich sei nicht sonderlich intelligent, wenn ich diese Frage mit "Gar nicht" beantwortet habe. Ähnliches beobachte ich auch, wenn die Verwandtschaft zusammenkommt. Wann immer ich auf irgendeiner Feier innerhalb der Familie bin, kommt diese Frage immer wieder auf mich zu, obwohl ich sie schon mehr als oft genug beantwortet habe. Und jedes Mal kommt dann: "Ja aber, der/die so-und-so, Sohn/Tochter von dem-und-dem studiert ja jetzt auch und nach dem Studium verdient der dann viel mehr Geld als du."
Mit allem gebührenden Respekt und ohne angeben zu wollen: Nein. Wenn ich mir die Statistiken anschaue, haben über 80% der in Vollzeit arbeitenden Bevölkerung in Deutschland ein geringeres Einkommen als ich. Folglich gibt es also nur zwei Szenarien, in denen die vorher getätigte Aussage stimmen würde.
Entweder die Person schätzt mein Einkommen falsch ein, oder sämtliche Leute, die im Freundes- und Bekanntenkreis meiner Verwandtschaft existieren und aktuell studieren, verdienen eben nach dem Studium noch besser als ich. Anhand der eben genannten Zahl von über 80% in Deutschland, die weniger Netto haben als ich, halte ich die letzte Option allerdings schon rein rechnerisch für eher unwahrscheinlich. Aber gut, das ist wieder ein anderes Thema.
Fakt ist jedenfalls für mich, dass ich trotz aller Nachfragen und Kritik daran, dass ich nicht studiert habe und auch nicht plane, das noch zu tun, die für mich richtige Entscheidung getroffen habe. Und das ist es ja am Ende auch, worum es gehen sollte. Die Entscheidung zu treffen, die für die eigenen Person richtig ist. Nicht die, die einem vielleicht Lehrer, Eltern, Freunde und Verwandte einreden wollen.
Ich bin hier in der glücklichen Situation, dass meine Eltern mich bei so ziemlich jeder Entscheidung in dem Bereich unterstützt haben. Wichtig war ihnen nur, dass ich nicht auf der faulen Haut liege und gar nichts mache. Und das ist meiner Meinung nach auch der richtige Weg. Ich kenne mehrere Leute, die nur studieren, weil ihre Eltern sich das gewünscht haben, und das kann nicht der richtige Weg sein. Genauso wenig kann es der richtige Weg sein, zu studieren, weil einem die Lehrer jahrelang eingeredet haben, dass man es mit einer Ausbildung nie zu etwas bringen wird.
Und ja (weil das gerne immer als Argument gegen mich in dieser Diskussion angebracht wird), vielleicht werde ich niemals eine Führungsposition innehaben oder dergleichen. Aber ganz ehrlich, ich bin im Moment mehr als zufrieden damit, ein mittelgroßes Zahnrad in der Maschine zu sein, die Teile der öffentlichen Infrastruktur in sechs Bundesländern am Laufen hält. Mir genügt das und ich kann ehrlich gesagt nicht sehen, warum das irgendwann nicht mehr so sein sollte.
Um hier jetzt aber mal langsam zu einem Fazit und damit dann auch zum Ende zu kommen: Tut das, was für euch richtig ist. Bei weitem nicht jeder, der studiert ist damit unglücklich. Ich kann nur aus meiner eigenen, wie gesagt anekdotischen Erfahrung sagen, dass ich mehr Leute kenne, die studieren und mit ihrer Lebenssituation unzufrieden sind, als ich Leute kenne, die eine Ausbildung gemacht haben und mit ihrer Lebenssituation unzufrieden sind. Das wird es umgekehrt aber sicherlich genauso geben. Das hier ist auch kein Post, der eine Ausbildung glorifizieren und ein Studium verteufeln soll, auch wenn es vielleicht hier und da so wirkt. Das hier ist ein Post, in dem ich von meiner eigenen, völlig subjektiven Erfahrung berichte und sage, dass ich froh bin, am Ende nicht studiert zu haben, weil ich sonst enorm unzufrieden mit meinem Leben gewesen wäre. Also, noch einmal: Tut das, was sich für euch richtig anfühlt.
Wenn das ein Studium ist, dann studiert. Aber wenn ihr Zweifel habt oder wisst, dass ihr lieber eine Ausbildung machen würdet, dann folgt diesem Gefühl und studiert nicht trotzdem, weil euch jemand anders das sagt. Das wird am Ende zu nichts führen außer einem Studium, dass die doppelte Regelstudienzeit dauert und immer noch nicht abgeschlossen ist.
Damit wäre jetzt eigentlich so ziemlich alles gesagt, was ich sagen möchte, aber ich möchte zum Abschluss noch eine Kleinigkeit hinterherschieben, das Tüpfelchen auf dem i sozusagen. Im Rahmen der Entstehung dieses Posts habe ich mal spaßeshalber ein wenig Recherche angestellt, wie viel ein Realschullehrer in dem Bundesland, in dem ich zur Schule gegangen bin, im Durchschnitt verdient. Das Ergebnis dieser Recherche war, dass mein Einkommen nach drei Jahren Ausbildung und fünf Jahren arbeiten beim gleichen Arbeitgeber mit hoher Wahrscheinlichkeit das aller Lehrer, die mir seinerzeit sagten, ich müsse studieren, übersteigt. Aber das nur noch so als kleine Anmerkung am Rande.
Was den Rest angeht, danke ich euch wie üblich fürs Lesen, entschuldige mich für diese Wall-of-Text und hoffe, man sieht sich vielleicht mal wieder. Dieses Mal eventuell etwas schneller als nach über einem Jahr. Macht's gut.